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Hellenische Subduktionszone, Östliches Mittelmeer

Aktive Überschiebungen auf dem Mittelmeerrücken

Für die Region südlich von Kreta liegt seit 1999 ein Bohrvorschlag vor, einen aktiven Schlammvulkan und zwei fluidführende Störungssysteme zu erbohren. Die Kurzfassung des Vorhabens Nr. 555 findet sich auf der Website des IOPD (Integrated Ocean Drilling Program) unter folgendem Link:
Bohrvorschlag IODP 555full

Da die Panelstruktur des IODP selten rein wissenschaftliche Kriterien betrachtet, wurde die Fahrt bisher nicht abgebohrt. Stattdessen fanden vor kurzem zwei Expeditionen mit einem kleinen Forschungsschiff, FS Poseidon, statt, die sowohl die Meeresbodenausbisse von Überschiebungszonen im landwärtigen Teil der Subduktionszone als auch verschiedene Schlammvulkane be- und untersuchten. Zu den Hauptergebnissen dieser Reisen, P410 (Frühjahr 2011) und P429 (Frühjahr 2012), zählen das erfolgreiche Ausbringen und Bergen von 5 CAT-Flowmetern, zahlreiche Schwerelotkerne und in situ T- und CPT-Messungen, sowie eine detaillierte bathymetrische Vermessung.
Es zeigte sich, dass die Störungsletten der Rücküberschiebungen extrem wenig scherresistent sind und makroskopisch ähnlich zusammengesetzt sind wie die Matrix der Schlammvulkane. Sowohl Mineralogie als auch Porenwasserchemie deuten auf einen Ursprung aus mehreren Kilometern Tiefe hin, eventuell bis hin zur seismogenen Zone.
Die geothermischen Gradienten in den aktiveren der untersuchten Schlammvulkane erreichen punktuell bis >1000 °C/km, was auf vermehrten Fluidfluss aus grösserer Tiefe hindeutet. Die chemische Zusammensetzung der Wässer ist enigmatisch und beinhaltet erhöhte Konzentrationen von B, etc.

Details sind zu finden in:
Kopf, A., Bartsch, C., Castellino, J., Fleischmann, T., Haas, S., Ioakim, C., Kirsch, K., Kufner, S.K., Steiner, A., Tryon, M.D., Wiemer, G., Zabel., M., 2012. REPORT AND PRELIMINARY RESULTS OF POSEIDON CRUISE P410: MudFlow (Mud volcanoes and fluid flow in the Mediterranean Ridge Accretionary Complex), Berichte aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Univ. Bremen, No. 284: 128 pp.
Kopf, A., Belke-Brea, M., Ferentinos, G., Fleischmann, T., Geraga, M., Kufner, S., Schlenzek, S., Steiner, A., Tryon, M., Wiemer, G., 2012. REPORT AND PRELIMINARY RESULTS OF RV POSEIDON CRUISE P429: MEDFLUIDS: Slope Stability, Mud volcanism, Faulting and Fluid Flow in the Eastern Mediterranean Sea (Cretan Sea, Mediterranean Ridge) and Ligurian Margin (Nice slope), Berichte aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Univ. Bremen, No. 286, 80pp.

Hangrutschungen im östlichen Mittelmeer:FS Poseidon Expedition P336 (Mai 2006) und P429 (März 2012)

Die Expedition P336 CRESTS (=CREtan Sea Tectonics and Sedimentology) mit dem deutschen FS Poseidon führte in die Kretische See. Diese ist nördlich der Insel Kreta gelegen, die eine exhumierte Forearc-Hochlage im Kompressionsgürtel des Hellenischen Bogens darstellt. CRESTS hatte zum Ziel, Sedimentstabilität am nördlichen Kontinentalhangs Kretas und den angrenzenden Becken zu studieren. Das Gebiet ist im Norden von den Ägäischen Vulkaninseln begrenzt, die ebenfalls Orte von Hangrutschungen darstellen. Die wissenschaftliche Crew bestand aus Experten in Geophysik, Geotechnik, Geologie und Modellierung, die grösstenteils vom MARUM Bremen, aber auch von der ETH Zürich (Schweiz) und dem HCMR (Griechenland) kamen.

Das Hauptinteresse an der Region basiert auf der Tatsache, dass Kreta eines der neotektonisch aktivsten Gebiete der Erde darstellt, was unter anderem widergespiegelt wird durch
- Mikro-Seismizität und aktive Abschiebungen
- Grossmasstäbliche transpressive Verschiebungen
- Schnelle Sedimentation und Ablagerung von Turbiditen
- Episodische subaquatische Hangrutschungen.
Zudem war ein Ziel, aktiven Fluidausstrom zu finden, der evetuell mit den tief wurzelnden Störungssystemen unter Kreta in Verbindung stehen kann.

In weiteren Sinne steht die Fahrt P336 in Verbindung mit anderen Forschungsaktivitäten in der Hellenischen Subduktionszone. Kompressive Deformation ist in der Region akzentuiert, weil der nordafrikanische Kontinentrand mit einer Halbinsel Libyens kollidiert (siehe Bild: Hellenische Subduktionszone). Viele Expeditionen untersuchten bisher die Region südlich Kretas, wo die Ionische und Herodotus-Tiefseeebenen den Mittelmeerrücken-Akkretionskeil auftürmen. Die Arbeiten beinhaltenen nationale und internationale Kampagnen wie beispielsweise ODP Leg 160. Kreta selbst ist Ziel einer vom ICDP koordinierten Kontinentalbohrung, die geplant ist. Dem entgegen ist die Kretische See nördlich von Kreta der nördlichste Teil des Forearcs, und CRESTS untersuchte nun diesen bisher vernachlässigten Bereich der Hellenischen Subduktionszone.

Auf der Expedition ÜP429 im Frühjahr 2012 wurde der Bereich der NW-Ecke Kretas geotechnisch untersucht, weil sich auch dort Hangrutschungen finden. Entlang eines Profils östlich des Kap Spatha wurden kleinskalige Massenumlagerungen geophysikalisch vermessen und beprobt. CPT-Profile durch die oberen Sedimemntserien attestieren, dass die potentielle Abscherfläche dieser Massenbewegungen fluidreich ist.

Erstere Ergebnisse der Fahrten finden sich in:
Kopf, A. and cruise participants, 2006.
Report and preliminary results of POSEIDON Cruise P336, Heraklion - Heraklion, 28.04. – 17.05.2006. Berichte, Fachbereich Geowissenschaften, Universität Bremen, No. 253, Bremen, 82 pp (plus Appendices und CD-ROM)
Kopf, A., Belke-Brea, M., Ferentinos, G., Fleischmann, T., Geraga, M., Kufner, S., Schlenzek, S., Steiner, A., Tryon, M., Wiemer, G., 2012.
REPORT AND PRELIMINARY RESULTS OF RV POSEIDON CRUISE P429: MEDFLUIDS: Slope Stability, Mud volcanism, Faulting and Fluid Flow in the Eastern Mediterranean Sea (Cretan Sea, Mediterranean Ridge) and Ligurian Margin (Nice slope), Berichte aus dem Fachbereich Geowissenschaften der Univ. Bremen, No. 286, 80pp (plus Appendices und CD-ROM)

Beispiel eines Rutschungskörpers am nördl. Kontinentalrand Kretas, Kretisches Meer (fig 1)

Rutschungskörper am nördl. Kontinentalrand Kretas, Kretisches Meer (fig 2)

Beispiel eines Rutschungskörpers am nördl. Kontinentalrand Kretas, Kretisches Meer (fig. 3)

Ligurisches Becken

Am Ligurischen Kontinentalrand Südfrankreichs entsteht eines der wichtigsten Standbeine des European Seafloor Observatory Network (ESONET), einem EU-Exzellenzcluster. Kernpunkt bietet ein Ozeanbodenkabel zum ANTARES-Neutrinoteleskop, von dem aus verschiedene Ozeanbodeninstrumente und Bohrlochinstallationen geplant sind. Hauptziel der geologischen Untersuchungen ist das Verständnis der Auslösemechanismen von submarinen Hangrutschungen.

Im Jahr 2007 fanden zwei Expeditionen mit Beteiligung der AG Marine Geotechnik statt:
Meteor M73/1 (Juli-August)
L'Atalante PRISME (Okt-Nov).
Beide Fahrten hatten unter anderem zum Ziel, den oberen Hangbereich zu studieren, wo 1979 eine Hangrutschung den Flughafen in Nizza beschädigte und einen Tsunami auslöste. Andere Hangrutschung in Wassertiefen bis 2000 m sowie Sedimentationsereignisse im Var Canyon komplettierten das Untersuchungsprogramm.

Eine weitere Expedition fand im Sommer 2009 mit Poseidon (P386) statt, wo erstmals erfolgreich zwei Piezometer langzeitlich in die Flughafenrutschung und den benachbarten Hang eingebracht wurden. Zudem fanden Testmissionen im Rahmen von ESONET statt. Die Piezometer wurden seitdem zweimal mit dem frz. Forschungsschiff L'Europe, wo eine Osmo-sampler Lanze (MARUM) und ein Weich-sediment-strainmeter (IFREMER) ínstalliert wurden. Damit ist der Kontinentalhang Nizzas eines der ersten multi-disziplinaeren Rutschungsobservatorien.
Langfristig ist geplant, in der Region wissenschaftlich zu bohren (siehe IODP proposals 685-full von Henry et al., sowie 796-full von Kopf et al., 2012).

Verkabeltes ANTARES-Ozeanboden-Observatorium

Nankai Trog-Subduktionszone und Shimanto-Komplex, Japan

Das Projekt NanTroSEIZE (Nankai Trough Seismogenic Zone Experiment) des IODP stellt das bisher teuerste und ambitionierteste Vorhaben geowissenschaftlicher Grundlagenforschung dar. Mit dem Bohrschiff DV Chikyu wird ein Transekt von Löchern in den Nankai-Akkretionskeil gebohrt, deren tiefstes die seismogene Zone in ca. 5,5 bis 6 km Tiefe unterhalb des Meeresbodens erreichen wird.
In mehr als einem Dutzend Expeditionen wurden verschiedene Teile der abtauchenden Platte (Bohrungen C0011, C0012) als auch des Akkretionskeils (C0001-C0008, C0010, C0018) bis hinein ins Kumano-Forearcbecken (C0009) erbohrt. Zudem wurden verschiedene Langzeitobservatorien installiert, namentlich in den Bohrlöchern C0010 und C0002. Die Arbeitsgruppe MARINE GEOTECHNIK war an gut der Hälfte der Expeditionen aktiv beteiligt (Fahrtteilnehme) und arbeitet mit Materialien aller Bohrungen. Hierbei wird ein Bereich von Sedimentologie/Korngrössenanalyse, Strainanalyse an CT-Scans der Kerne, Deformationstests an verschiedenen Sedimenten und Krustenmaterialien, sowie Entwicklung und Installation von Langzeitinstrumenten abgedeckt.

Bei der bislang erfolgreichsten Fahrt mit DV CHIKYU im Projekt NanTroSEIZE, der Expedition 332, wurde das erste Langzeit-Instrument (SmartPlug) nach 15 Monaten erfolgreich geborgen und ausgelesen, und ein weiteres gerät (GeniusPlug) in Bohrung C0010 installiert.
Zudem wurde einer der komplexesten CORKs im Bohrloch C0002 eingebaut und per ROV besucht zu Datendownload.

Details sind zu finden in:

Kopf, A., Araki, E., Toczko, S., and the Expedition 332 Scientists, 2011. Proc. IODP, Initial Reports 332: Washington, DC (Integrated Ocean Drilling Program Management International, Inc.), 60 pp. doi: 10.2204/iodp.pr.332.2011

Kopf, A., Araki, E., Toczko, S., and the Expedition 332 Scientists, 2011. Proc. IODP, Initial Reports 332: Washington, DC (Integrated Ocean Drilling Program Management International, Inc.), 190 pp. doi: 10.2204/iodp.proc.332.2011

sowie zum SmartPlug und GeniusPlug in:

Kopf, A., Hammerschmidt, S., Saffer, D.M., Lauer, R., Davis, E.E., LaBonte, A., Meldrum, R., Heesemann, M., Macdonald, R., Toczko, S., Wheat, C.G., Jannasch, H., Edwards, K., Haddad, A., Orcutt, B., Villinger, H., Araki, E., Kitada, K., Kimura, T., Kido, Y., 2011. The SmartPlug and GeniusPlug: Simple retrievable observatory systems for NanTroSEIZE borehole monitoring. Proc. IODP, vol 332, doi:10.2204/iodp.proc.332.105.2011 (21pp.)

Nankai Trough Survey Area
DV Chikyu
GeniusPlug enters C0002 wellhead

Schlammvulkanismus Kumano-Becken, Japan

Im Projekt MEMO (MeBo drilling and in-situ Monitoring offshore Japan) sollen aktive Schlammvulkane im Kumano-Becken in der Subduktionszone entlang des Nankaitrogs untersucht werden. Sowohl Festphase als auch Fluide dieser untermeerischen Berge stammen aus mehreren Kilometern Tiefe und geben Aufschluss über physiko-chemische Prozesse im Akkretionskeil und entlang der Plattengrenzstörung. Aufgrund der hydrologischen Kopplung eignen sich Schlammvulkane zudem, Spannungsänderungen in der tiefen Erde abzubilden. Langzeit-Observatorien auf und in MeBo-Bohrlöchern sollen testen, inwieweit sich Parameter wie Druck und Temperatur als auch die chemische Signatur der Porenwässer über die Zeit ändern und mit der regionalen Erdbebentätigkeit korrelieren.
Von Hongkong aus erreichte FS Sonne nach 5-tägigem Transit das Arbeitsgebiet vor Japan. Nach Vermessungsarbeiten mit Multibeam und Parasound konzentrierten sich die Stationsarbeiten auf Techniken wie in situ-Wärmestromlanze, Cone Penetration Testing-Lanze und die Beprobung mit dem Schwerelot und TV-Greifer. Sowohl Kernmaterial als auch die Zusammensetzung von Porengas und –wasser deuten auf hydrogeologische Aktivität sowie Gashydratprozesse hin. Mit den grauen, steifen Tonen der Schlammvulkane wurden unterschiedliche Klasten versch. Lithologie aus der Tiefe mitgeschleppt und in den Schwereloten geborgen. Mit der Wärmestromlanze wurden zudem kleinregional die Orte höchster Fluidaktivität auskartiert.
Basierend auf diesen Arbeiten kamen zudem die beiden Grossgeräte MeBo (Meeresboden-Bohrgerät) sowie ROV Quest (Tauchroboter) des MARUM Bremen zum Einsatz. MeBo teufte in etwa 2000 m Wassertiefe insgesamt 6 Bohrungen ab, sowohl auf den Schlammvulkanen als auch an deren Flanken, wo sich einzelne Schlammströme ergiessen. Vier der Bohrungen wurden mit Langzeitgeräten ausgestattet, um Bohlochdruck und Bohrlochtemperatur aufzuzeichnen relativ zum Meeresboden, sowie um Porenwasser über die Zeit zu beproben. Zudem wurden Durchstrommesser am Meeresboden platziert, die ebenfalls Fluide in Osmo-Samplern speichern und ebenfalls Fluidausstrom über die Zeit messen. Die Fahrt endete nach insgesamt 6 Wochen in Pusan (Korea).

Stichpunktartig kann man die Ergebnisse der Expedition wiefolgt zusammenfassen:
- 5 neue, bislang nicht bekannte oder nicht beprobte Schlammvulkane wurden neu entdeckt/beschrieben;
- Gashydrate kommen in einer Vielzahl der insgesamt 13 Schlammvulkane des Kumanobeckens vor;
- Porenwässer mit ungewöhnlichen Zusammensetzungen, z.B. starken Anreicherungen an B, Li und Sr, und Abreicherung an Mg, weisen auf eine grosse Mobilisierungstiefe hin;
- 4 MeBo-Bohrlöcher in je etwa 2000 m Wassertiefe wurden erfolgreich mit Bohrlochobservatorien bestückt;
- 6 Durchflussmesser wurden auf drei der aktivsten Schlammvulkane installiert, um Ausstromrate und Porenwasserchemie über die Zeit zu ermitteln;
- zum ersten Mal wurde das ROV eingesetzt, um ein komplexeres Bohrlochobservatorium anzuschliessen;
- in den MeBo- und Schwerelotkernen sowie den Proben aus dem TV-Greifer wurden tiefe Schlämme als auch eine Reihe von Klasten sehr unterschiedlicher Lithologie (sedimentäre, magmatische und metamorphe Gesteine);
- die chemische Zusammensetzung der Gase aus Gashydraten weist auf eine biogene Entstehung hin;
- der Wärmestrom einiger Schlammvulkane deutet auf moderate Fluidausstromraten hin, während andere derzeit inaktiv zu sein scheinen; und
- aktives Venting wurde weder physikalisch (Parasound) noch per Videountersuchung (ROV, TV-Greifer) festgestellt.

FS Sonne, die zur Expedition SO222 im Kumanobecken arbeitete
Mud volcano KK#6
MeBoCORK Ozeanbodenobservatorium (SO222B)

Nordsee und Ostsee

Die Forschungsplattform FINO1, etwa 45 km nördlich von der Insel Borkum gelegen, dient der Untersuchung verschiedener Parameter zur späteren installation von Offshore-Windenergieanlagen. Vorrangig werden Langzeitdaten zum Windprofil, zu Plattformbewegungen und –verformungen unter Windlast sowie meteorologische, hydrographische und biologische Parameter erhoben. FINO1 ist in ca. 30 m Wassertiefe gegründet, hat eine eigene Stromversorgung und Datenübertragung in Echtzeit über eine Funkstrecke, und soll ca. 20 Jahre genutzt werden.

Das MARUM Bremen (AG Marien Geotechnik) hat im Spätsommer 2006 ein Mini-Observatorium in unmittelbarer Meeresbodennähe an der Plattform installiert. Es besteht aus einer Ozeanboden-Basisstation, die bis zu 10 Geräten mit Energie versorgt und umgekehrt in Echtzeit Daten liefert. Angeschlossen ist zur Zeit eine Sensorlanze (ca. 2m Eindringung im Meeresboden), die die hochauflösende Erfassung von Änderungen in Porendruck und Neigung (Tilt) im Untergrund in Abhängigkeit von (a) dem Strain (Verformung) bedingt durch Plattformbewegungen, (b) Tide, und (c) Bodentransport/Auskolkung aufzeichnet.

Die AG Marine Geotechnik arbeitet zudem im 2010 errichten Offshore Windpark alpha ventus im Rahmen eines Verbundprojektes mit dem BSH Hamburg, das durch das BMU finanziert wird. Hier gilt das Hauptaugenmerk der in situ Charakterisierung der Bodenfestigkeit als Folge von Erosion/Kolkung und Ablagerung nahe der Anlagen.

Ozeanboden-docking station mit 10 Steckplätzen unmittelbar vor der Installation auf FINO1
FINO1 Forschungsplattform des BMU

Alpine Verwerfung, Neuseeland

Die Alpinen Verwerfung (Southern Alps, Neuseeland) stellt die aktive Plattengrenze zwischen Pazifischer und Australischer Platte dar. Sie kann Erdbeben z.T. grosser Magnituden generieren und ist durch schnelle Exhumierungsraten gekennzeichnet. Die Störung ist an Land gut aufgeschlossen und soll zukünftig vom Internationalen kontinentalen Tiefbohrprogramm (ICDP) wissenschaftlich untersucht werden. Pilotbohrungen bis 200-300m unter Geländeoberkante können helfen, diese Tiefbohrung vorzubereiten und ungestörte Bohrkerne aus der Störungszone zu bekommen. Am MARUM werden Störungsmaterialien der Alpinen Verwerfung mit dem Ringschergerät und der HYDSPA-Apparatur gesteinsmechanisch untersucht.

Gibraltar-Bogen

Die Expedition SO175, auch GAP (=Gibraltar Arc Processes), mit FS Sonne kehrte nach exakt 100 Ausfahrten und etwa zehn Jahren in den Golf von Cadiz zurück, der zuvor von der BGR geophysikalisch charakterisiert wurde. GAP ist Teil einer weit angelegten Kampagne auf nationaler und internationalerr Ebene. Sie umfasst Projekte wie TTR (bisher ein gutes halbes Dutzend Ausfahrten, e.g. TTR-9, TTR10, TTR-12), EU-Projekte wie Mediflux, Moundforce und Mvseis (sowie Einzelprojekte innerhalb HERMES in FP6), die Euromargins (EUROCORES)-Projekte SWIM, WestMed und Voltaire, sowie nationale Kampagnen wie TASYO (1998-2002) und MATESPRO, GADES (2003-2006), IMPULS (2005) und DELILA (2005), um nur einige zu nennen.
Neben den wissenschaftlichen Detail-Zielen hatte GAP auch die Aufgabe, mit einem multi-disziplinären Ansatz und einer multi-nationalen Mannschaft die existierende Wissens- bzw. Datenbasis zu komplementieren und durch Diskussion auf breiter Ebene zu vertiefen. Das ist insofern gelungen, als beispielsweise bis heute eine nahezu vollständige bathymetrische Karte vorliegt, zu der GAP einen entscheidenden Beitrag lieferte.

Die wissenschaftlcihen Ergebnisse der Fahrt sind hier in folgenden Punkten zusammengefasst:
- Kartierung und nachfolgende Beprobung erlaubte uns, 3 Schlammvulkane (SV) neu zu entdecken und ein halbes Dutzend weitere aufzuspüren, wobei wegen fehlender Beprobung unklar ist, ob tatsächlich Schlammbrekzie bis zum Meeresboden aufdrang.
- Erster erfolgreicher Einsatz von SAPPI (Satellite-linked autonomous pore pressure instrument), das auf dem aktiven, gashydratführenden Schlammvulkan Capt. Arutyunov in ca. 1500 m Wassertiefe ausgesetzt wurde. Das System misst für programmierten Zeitraum Temperatur und Porendruck, beides Indikatoren für Fluiddynamik, und koppelt dann eine Dateneinheit ab, die auftaucht. Sie sendete im Januar 2004 Daten, die transiente Schwankungen im Porenwasser-Innendruck im Bereich von einigen 100 Pa über die Zeit belegte. Details sind Kaul et al. (2004) zu entnehmen (siehe Manuskript Kaul et al., 2004, Sea Technology).
- Entdeckung eines Salzdiapirs im unteren, südwestlichen Teil des Gibraltar-Keils.
- Einige SVs mit Gashydratvorkommen und Methan- und Biomarkerwerten, die auf starke Aktivität schliessen lassen, wurden beprobt; die Porenwasserchemie unterstützt diese hydrogeologische Aktivität.
- In den untersuchen aktiven Schlammvulkanen wird sämtliches thermogenes Methan, höhere Kohlenwasserstoffe und Sulfat werden innerhalb der obersten Dezimeter unter anaeroben Bedingungen oxidiert (AOM). Vgl. Manuskript Niemann et al., 2006 (Geochimica Cosmochimica Acta).
- Nichtsdestotrotz ist der Grossteil der insgesamt 13 angesehen Strukturen momentan inaktiv. Chimneys (Karbonatschlote), die oft zoniert sind und die normalerweise im Sediment wachsen und das “Kanalsystem” des SV darstellen, liegen an der Oberfläche und wurden zu Dutzenden mit der TV-Greifer geborgen.
- Datierungen (14C, U/Th) und Isotopenmessungen laufen, um die Dynamik des Fluidflusses im Keil über die Zeit zu ergründen.
- Manche SVs und “mounds” mit Kaltwasserkorallen-Vorkommen, wobei der Grossteil der Organismen tot war.
- Wärmestrom über SVs unspektakulär (d.h. weder erhöht noch erniedrigt relativ zur Umgebung des Sedimentkeils), dafür aber an den Deformationfronten sowie an Überschiebungsrampen im Keil erniedrigt. Letzteres weist auf aktive Verschuppung durch tektonische Prozesse zum jetzigen Zeitpunkt hin (siehe hierzu ausführlich: Grevemeyer et al., 2005, im Abschnitt Literatur unten sowie im Anhang GAP-Publikationen). Trotzdem muss bis zum jetzigen Zeitpunkt offen bleiben, ob diese Überschiebung eine Subduktionszone ist (wie von Gutscher et al. 2002 gefordert), oder lediglich die Konsequenz der Kollision von Africa und Eurasia ist, in deren Folge Sediment im Bereich Gibraltars nach Westen verdrängt wird (siehe Abb. 1).
- Turbidite auf den Tiefseeebenen, vor allem im Norden des Studiengebietes, wo die aktive Marques de Pombal-Störung untersucht wurde; Datierung der Rutschungsablagerungen erfolgt über 14C und 210Pb.
- Rutschung hat vor extrem kurzer Zeit stattgefunden, zumindest die remobiliserte Zunge am Schlammstrom am SW-Ende, da dort die Porenwasserzusammensetzung noch im Ungleichgewicht mit der Umgebung ist. Die Rutschungssedimente sind ansonsten sedimentologisch einförmig und strukturlos, aber teilweise aufgrund hoher Tongehalte mechanisch wenig kompetent (siehe hierzu ausführlich: Minning et al., 2006, Norwegian Geological Journal)
- die Wärmestromwerte geben Hinweise darauf, dass der Sedimentkeil eher als 1755er Epizentrum in Frage kommt als die Marques de Pombal-Störung oder die Gorringe-Bank im Norden.

Ein ausführlicher Fahrtbericht ist erhältlich als:
Kopf, A. (ed.), 2004. GAP cruise report: Gibraltar Arc Processes, FS Sonne SO175, Berichte der Geowissenschaften Univ. HB, Bd. 228, 218pp.

Chile Kontinentalrand

Am zentralchilenischen Kontinentalrand finden aufgrund variabler Sedimentationsraten, tektonischer Bewegungen im Zuge der Subduktion, Überschiebungserdbeben sowie Gashydratprozessen submarine Hangrutschungen statt.

In einer kombinierten Studie mit Kollegen der AG Prof. Heinrich Villinger wurden der Oberflächenwärmestrom sowie Scherfestigkeit und Porendruckverhalten der Hangsedimente entlang verschiedener Transekte bestimmt (siehe Karte).


In einer weiteren Studie wurde der Bereich des 1960er M9.1 Erdbebens bis hinunter zum Chile-Tripelpunkt sedimentphysikalisch und seismisch untersucht. Dazu fanden die Expedition SO181 mit FS Sonne statt. Die Studie hat ergeben, dass die Zusammensetzung der Tiefseebrabenfüllung mineralogisch systematisch von N-S variiert, was in der tieferen Subduktionszone zu variablen Reibungseigenschaften und, im Falle eines Erdbebens, Spannungsabbaus führt.


Gegenwärtig werden in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich (Schweiz) und der Univ. Ghent (Belgien) Seen im Forearcbereich der chilenischen Subduktionszone an Land untersucht. Diese Seen zeigen Rutschungsereignisse, die mit Erdbebentätigkeit in Verbindung gebracht werden. Sie wurden geophysikalisch charaterisiert und anschliessend mit Kerngeräten beprobt und mit dynamischen Freifall-CPT Lanzen in situ vermessen.

Cone Penetration tests entlang eines Wärmestromprofils am Chile-Kontinentalrand (Exp. Meteor M66/4b)
Platform for CPT deployments on Lake Villarica

Aserbaidschan

Der Dashgil Schlammvulkan ist einer der aktivsten und grössten der insgesamt über 200 Schlammdome in Aserbaidschan. Er ist direkt am kaspischen Meer gelegen und entgast kontinuierlich Gas (vornehmlich Methan). Da in historischen Überlieferungen die Ausbrüche solcher Schlammvulkane mit dem Auftreten grosser Erdbeben in Verbindung gebracht wurden, hat die BGR (Arbeitsgruppe Dr. Georg Delisle) seit einiger Zeit eine Monitoringplattform zur Quantifizierung des Gasausstroms auf einem der Kraterseen des Dashgil stationiert.

In dem Projekt wurde auch der zweite, grössere Kratersee instrumentiert. Dieser See ist etwa 28 m im Durchmesser und zeigt zwei Gasuastrittsstellen. Über im See versenkte Zelte wird der Gasstrom gebündelt und mittels auf kleinen Flössen montierter Gasflussmesser quantifiziert. Parallel dazu wurde eine Lanze zur Messung von Porendruck- und Temperaturschwankungen in den Grund des vermutlich durch eine Gasexplosion entstandenen Trichters gerammt. Die zu testende Hypothese ist, inwieweit, Porendruckvariationen und Gasausstromrate korrelieren, und ob diese Signale mit Mikroseismizität der Region in Zusammenhang stehen.


Bisher erschienen basierend auf den Daten am Dashgil zwei Manuskripte der AG Marine Geotechnik:
Kopf, A., Stegmann, S., Delisle, G., Panahi, B., Aliyev, C.S., Guliyev, I., 2009. In situ CPTU experiments at active Dashgil mud volcano, Azerbaijan: Evidence for excess fluid pressure, updoming, and possible future violent eruption. Marine Petroleum Geology, 26: 1716-1723
Kopf, A., Delisle, G., Faber, E., Panahi, B., Aliyev, C.S., Guliyev, I., 2010. Long-term in situ monitoring at Dashgil mud volcano, Azerbaijan: A link between seismicity, pore pressure transients and methane emission. Int. J. Earth Sciences, 99, Supplement 1, 227-240, DOI: 10.1007/s00531-009-0487-4

Gas-Monitoring-Station auf Dashgil-Schlammvulkan (BGR)
Aktiver Dom des Dashgil Schlammvulkans (Martin Hovland)

Vierwaldstädter See/Schweiz

In einem gemeinsamen Projekt mit der ETH Zürich wurden in situ Messungen zur geotechnischen Charakterisierung von Hangsedimenten im Vierwaldstädter See durhgeführt. Aus der Region sind Hangrutschungen bekannt, die vermutlich durch Erdbeben in tiefen Stockwerken der Alpen zurückgehen und zum Teil Tsunamis in den Schweizer Seen auslösen.

Unter den Publikationen befinden sich:
Strasser, M., Stegmann, S., Bussmann, F., Anselmetti, F.S., Rick, B., Kopf, A., 2007. Quantifying subaqueous slope stability during seismic shaking: Lake Lucerne, Central Switzerland, as model for ocean margins. Marine Geology, 240: 77-97.
Stegmann, S., Strasser, M., Anselmetti, F.S., Kopf, A., 2007. Geotechnical in situ characterisation of subaquatic slopes: The role of pore pressure transients versus frictional strength in landslide initiation. Geophysical Research Letts., 34/7, doi:10.1029/2006GL029122.

Plattform der ETH Zürich, von der in situ Scherflügeltests und CPT-Tests durchgeführt wurden

Simulation zyklischer Deformation

Um Vorgänge im Porenraum während Deformationsexperimenten zu beobachten, werden am Kernspinresonanz (NMR) - Gerät den Wassergehalt als auch die Porengrössenverteilung zerstörungsfrei und quasi-kontinuierlich zu ermitteln. Die Schwierigkeit dabei besteht darin, den Druck auf die sich innerhalb des Permanentmagneten befindende Probe aufzugeben, ohne das Magnetfeld zu stören. Dazu wurde ein Modul bestehend aus einer Kolbenpumpe und einer Probenkammer aus glasfaserverstärktem Kunststoff entwickelt, mit dem die erforderlichen Druckbelastungen im Magneten an zylindrischen Gesteinsproben durchgeführt werden. Die Materialien werden sowohl statischen als auch dynamischen Druckbelastungen ausgesetzt, um die Veränderungen des Porenraumes bis zur Zerstörung der Probe mit Hilfe des NMR-Spektrometers zu analysieren.

Weiterhin werden Duplikate dieser Proben im dynamischen Triaxialversuch belastet (siehe Dynamischer Triaxialversuchsstand)

Unter den Publikationen, die zu bzw. unter Nutzung des Geräts erschienen, sind folgende:

Kreiter, S., Mörz, T., Strasser, M., Lange, M., Schunn, W., Schlue, B.F., Otto, D., Kopf, A., 2010. Advanced Dynamic Soil Testing – Introducing the new MARUM Dynamic Triaxial Testing Device. In: Mosher, DC., Shipp, C., Moscardelli, L., Chaytor, J., Baxter, C., Lee, H., and Urgeles, R. (eds.), Submarine Mass movements and their consequences IV. Advances in Natural and Technological Hazards Series, Springer: 31-42.

Wiemer , G., A. Reusch, M. Strasser, S. Kreiter, D.Otto, T. Mörz, A. Kopf, 2011. Static and cyclic shear strength of cohesive and non-cohesive sediments In: Submarine Mass Movements and Their Consequences, Springer, Kyoto, Japan: 111-122

dynamic triaxial deformation test aparatus (fig. 1)
dynamic triaxial deformation test aparatus (fig. 2)

Ems-Ästuar, Deutsche Bucht, Ostsee

Wie zahlreiche tidal beeinflusste Ästuare in der Deutschen Bucht ist die Ems von hohem Schlickeintrag (sog. fluid mud) beeinflusst, der die schiffbare Tiefe der Fahrrinne verringert und jährlich ausgebaggert werden muss. Die Arbeitsgruppe Marine Geotechnik versucht mit in situ Messverfahren und der Entnahme von Proben, dem Phänomen der Fluid mud-Ablagerung auf den Grund zu gehen.
Zudem werden in Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt für Wasserschall und Geophysik, Kiel, werden zudem Studien zur Sedimentumlagerung bzw. Sedimentfestigkeit gemacht. Diese befassen sich vornehmlich mit Schlickgebieten in Nordsee und Ostsee, und den Einfluss gasreicher Lagen auf die Sedimentmobilität.

Siehe auch:
Seifert, A., Kopf, A., 2012. Modified Dynamic CPTU Penetrometer for Fluid Mud Detection. Journal of Geotechnical and Geoenvironmental Engineering, 138: 203–206.

CPT Messungen der Scherfestigkeit des Fluid mud von einer Brücke bei Weener