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Research Stay in Montréal

Vom 17. Januar an bis zum 01. April 2022 verbringe ich meine Zeit für einen Forschungsaufenthalt in Montréal, Kanada. Hier könnt ihr über meine Erfahrungen lesen - sowohl aus der Wissenschaft als auch von persönlichen Momenten.

Snowy time in Montréal in January 2022

28. März - 2. April 2022

Letzte Abenteuer in Kanada

Während ich diesen letzten Artikel über meinen Forschungsaufenthalt in Montréal schreibe, sitze ich bereits wieder in meinem Büro in Bremen – mit Blick auf das schlichte Gebäude unseres Nachbarinstituts, statt dem wundervollen Blick über die Stadt und auf den Mont-Royal. Aber wie gehabt: Ich starte besser am Anfang!

Nachdem ich krankheitsbedingt eine Woche im Bett verbracht hatte, konnte ich am 28. März endlich wieder arbeiten. Ich habe etwas Zeit verloren, aber zum Glück habe ich es dennoch geschafft, alle Messungen, die ich durchführen wollte, durchzuführen. Neben der Arbeit habe ich auch die Gesellschaft meiner kanadischen Kolleg*innen sehr genossen, mit denen ich eine wirklich gute Zeit hatte und die mir definitiv fehlen werden. Zum Abschied habe ich an meinem letzten Tag selbstgebackene Franzbrötchen (also ein typisch norddeutsches Gebäck) mitgebracht, und es war ein schöner Abschied.

Am Mittwoch habe ich außerdem die Chance genutzt, noch einmal etwas Wintersport zu betreiben: Wir waren auf einer künstlich angelegten Eisfläche mitten in der Stadt (und 5 Minuten vom UQAM entfernt) Schlittschuhlaufen. Danach ging es dann noch nach Chinatown für ein sehr leckeres Abendessen.

Der 1. April war dann der Tag der Heimreise – aber bevor die Reise wirklich losging, stand noch ein aufregender Tag an. Auf meiner Liste der Dinge, die ich in Kanada unbedingt machen wollte, war eine Sache noch nicht abgehakt: Ein Sugar Shack (auf Deutsch wohl am ehesten als Zuckerhütte zu übersetzen) besuchen. Das sind kleine Hütten im Wald, in denen Ahornsirup hergestellt wird. Da die Saison dafür der Frühlingsanfang ist, gibt es in dieser Zeit besondere Angebote in den Hütten, bei denen viel gegessen wird, natürlich mit entsprechend viel frischem Sirup.
Mit ein paar anderen aus unserer ArcTrain-Gruppe, sowohl Leute aus Kanada als auch meine beiden Kolleginnen, die aus Deutschland ebenfalls gerade da waren, hatten wir das eigentlich schon für einen früheren Zeitpunkt geplant, aber weil ich krank war, mussten wir es dann auf meinen letzten Tag in Kanada verschieben. Auch das wurde am Abend davor dann jedoch sehr unsicher, denn es gab plötzlich einen positiven Coronafall in der Gruppe, und andere waren in Kontakt zu der Person (teilweise mit ersten Symptomen). Meine Mitbewohnerin und ich waren zum Glück ohne Risiko und weiterhin bereit, das Sugar Shack zu besuchen – aber die Anreise ging nur per Auto, und wir fühlten uns beide nicht in der Lage, in Kanada Auto zu fahren. Zum Glück haben wir dann sehr kurzfristig noch einen anderen Kollegen gefunden, der Lust hatte, mitzukommen, und auch fahren konnte. So sind wir dann nach einem ganz schön stressigen Morgen, meiner großen Befürchtung, dass ich diesen letzten Punkt nicht von meiner Liste streichen würde sowie etwas Verspätung doch noch aufgebrochen.
Das Sugar Shack, was wir besucht haben, war keines der wirklich traditionellen mitten im Wald und erschien etwas schicker und touristischer. Aber für uns war es dennoch die beste Wahl, denn es war nicht so weit von Montréal entfernt (und die Zeit für eine noch längere Fahrt hätte uns definitiv gefehlt) und hatte außerdem ein vegetarisches Angebot. Warum braucht es ein vegetarisches Angebot, wenn man Dinge mit Ahornsirup essen will? Ganz einfach: Weil Ahornsirup für so viel mehr als nur Süßspeisen genutzt werden kann. Das traditionelle Essen in einem Sugar Shack ist sehr fleischhaltig (verschiedene Sorten Fleisch und Wurst, Ei, Kartoffeln, Bohnen, …). Aber mir hat meine vegetarische Alternative auch gut geschmeckt, und ich musste feststellen, dass die Kombination von Gemüse, einer Art vegetarischen Bulette und dem süßen Sirup wirklich klasse ist! Nach dem herzhaften Hauptgericht gab es dann aber auch noch wirklich süßen Nachtisch. Neben Pfannkuchen und kleinen Törtchen mit Ahornzucker gab es außerdem die regionale Spezialität „Pouding Chômer“ (übersetzt der Pudding für arme Leute), ein extrem süßer, weicher Kuchen mit einer besonders süßen oberen Schicht aus Ahornsirup. Sehr lecker!
Abschließend ging es dann nach draußen, um Ahornsirup-Lollis im Schnee herzustellen. Dafür wird frischer, heißer und besonders dickflüssiger Sirup in den Schnee (in unserem Fall wetterbedingt leider eher künstlich hergestellte Eisstücke…) gegossen, wo er dann schnell fester wird. Dann steckt man einen Holzstiel hinein und dreht ihn solange, bis man einen hübschen Lolli hergestellt hat. Sehr lecker, sehr süß, sehr klebrig.

Und dann war es wirklich Zeit für mich, zu gehen. Mit etwas Verspätung, weil die Straßen am Freitagnachmittag doch relativ voll waren – aber noch völlig ausreichend, nur eben nicht zwei Stunden vor Abflug – kam ich am Flughafen an und konnte dann auch ohne weitere Probleme einchecken. Und ehe ich mich versah saß ich schon wieder im Flugzeug und war in der Luft.
Ich habe den letzten Blick über die Stadt sehr genossen, genau so den Blick auf die teilweise noch gefrorenen Flüsse, bevor alles dann unter einer dicken Wolkendecke verschwand und ohnehin langsam die Sonne unterging. Und ohne große Probleme ging es dann durch die Nacht zurück nach Bremen (mit Zwischenstopp in Amsterdam, wo ich vom Flugzeug in den Zug gestiegen bin).

Um es kurz zusammenzufassen kann ich sagen, dass ich einfach eine wundervolle Zeit in Montréal hatte, und ich bin unfassbar froh, dass es trotz der Coronasituation (besonders zu Beginn meiner Zeit in Kanada) alles so gut geklappt hat und ich so viel erleben durfte, und auch für meine Forschung alles wie gewünscht geklappt hat.
Im Mai darf ich dank einer Konferenz von unserem ArcTrain-Netzwerk noch einmal eine Woche in Montréal verbringen, und ich freue mich schon darauf, zu sehen, wie die Stadt im späten Frühling aussieht. Und natürlich freue ich mich auch, einige Menschen dort noch einmal wiedersehen zu können. Man soll ja nie „nie“ sagen, aber im Moment halte ich es für nicht gerade wahrscheinlich, dass ich noch einmal so lange so weit weg sein werde, und bin auch darum sehr froh und dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte.

Ich hoffe, die Einblicke in meine Zeit in Kanada haben Freude bereitet. Jetzt ist auch für diesen Blog Zeit, Lebewohl zu sagen. Vielen Dank fürs Lesen!

ViewOffice
Labwork
IceskatingCity
RideSugarShack
MealSugarShack
Toffee
FLightIce
SunSetFlight

17.-27. März 2022

Wenn der Frühling ungewöhnliche Veränderungen bringt…

Ich habe gerade noch einmal den letzten Satz meines vorherigen Beitrags hier gelesen – dass ich das Beste aus meinen verbleibenden Wochen hier in Kanada machen will, was aus meiner heutigen Perspektive etwas frustrierend ist. Aber bevor ich berichte, warum es nicht so gelaufen ist, wie geplant, fange ich doch erst einmal am Anfang an:

Nachdem ich ja schon gemerkt hatte, dass es langsam Frühling wird, war er dann am Donnerstag sehr plötzlich da. Es war nicht nur sehr sonnig, sondern die Temperaturen sind am Nachmittag sogar auf um die 16°C angestiegen. Nachdem es wenige Tage zuvor noch -10°C waren, hat sich das doch sehr nach Sommer angefühlt. Das veränderte Wetter hat auch die Stadt insgesamt verändert. Plötzlich waren überall Menschen draußen, die einfach das Wetter und ihre Zeit genossen haben. Am Donnerstag kam sicher noch hinzu, dass St. Patricks Day war, sodass besonders im Umkreis von Irischen Pubs sehr viel los war (größtenteils Studierende).
Wir haben das gute Wetter auch ausgenutzt und uns nach der Arbeit getroffen, um eine weitere lokale und wenig gesunde Spezialität zu testen: Beaver tails (Bieberschwänze). Dieses Gebäck hat zum Glück außer seiner Form nichts mit den niedlichen Tieren zu tun. Es ist ein frittierter Teigfladen, der eben die Form eines Bieberschwanzes hat, was ihm den Namen gegeben hat. Dieses Teigstück wird dann mit allerlei leckerem und Süßem bestrichen, zum Beispiel Zucker, Ahornsirup, Schokoladensauce und Früchten. Es war wirklich lecker, und besonders zu genießen, während wir in der Sonne in der Stadt saßen.
Da es so schön war, sind wir dann noch zum alten Hafen runtergegangen. Ich habe mich dabei daran erinnert, dass es, als ich das erste Mal hier war, etwa 36°C kühler war als heute, eine Veränderung, die gar nicht so leicht vorzustellen ist. Der Hafen hatte sich natürlich auch optisch durchaus verändert, mit dem immer weiter schmelzenden Schnee und zurückgehenden Eis auf dem Fluss. Jemand anderes hatte mit den Veränderungen scheinbar auch Probleme: Ein junger Fuchs lief fort auf dem Eis herum. Das war zunächst spannend, weil ich noch nie einen lebenden Fuchs in freier Wildbahn gesehen habe, aber er wirkte auch etwas gestresst. Später haben wir erfahren, dass er wohl schon ein paar Tage dort herumirrte und auch versucht wurde, ihm zu helfen. Ich konnte jetzt keine Informationen mehr darüber finden, was schlussendlich mit ihm passiert ist, hoffe aber, dass er irgendwie dorthin zurückkehren konnte, wo er herkam.

Interessant wurde es dann wieder am Samstag, der für uns schon vor 7 Uhr morgens begann: Wir nahmen den Bus, um nach Ottawa, Kanadas Hauptstadt, zu fahren. Die zwei Stunden fahrt waren leider nicht so sehr zu genießen, da es grau und regnerisch war, die Aussicht also nicht so toll.
In der Stadt angekommen ging es für uns als erstes zum Parlamentshügel. Dort trifft man als erstes auf das Kriegsdenkmal. Hier sind nicht nur die Jahreszeiten der beiden Weltkriege eingraviert, sondern auch die Zahlen 2001 bis 2014, was mich erst al etwas irritiert hat. Ich habe dann gelernt, dass diese Zahlen sich auf den Afghanistankrieg beziehen, in dem Kanada involviert war, was natürlich Sinn ergibt. Aber für uns war das irgendwie noch weiter weg und dann vergisst man es schnell. Wir sind dann zu den Parlamentsgebäuden gegangen, vor denen noch die Spuren von den wochenlangen Protesten der Trucker gegen die Coronamaßnahmen zu sehen waren: Einige Straßen waren noch gesperrt, sodass man nicht direkt vor die Gebäude fahren konnte. Die Parlamentsgebäude an sich sind wirklich beeindruckend, aber leider war es derzeit nicht möglich, sie von innen anzuschauen. Außerdem waren Teile des Geländes eingezäunt wegen Renovierungsmaßnahmen an den alten Bauten.
Wir sind dann von hier aus weiter in Richtung Innenstadt gegangen, was sich aber schnell erledigt hatte: Wir stellten fest, dass die Geschäfte und Lokale alle frühestens um 11 Uhr öffnen, was ich etwas irritierend fand. Wir sind dann zum Byward Markt gegangen, ein alter Markt, in dem es einige kleine hübsche Shops gibt. Hier waren immerhin auch schon ein paar Menschen unterwegs. Außerdem haben wir ein nettes Lokal gefunden, wo wir dann erst mal sowas wie Brunch zu uns genommen haben.
Während meine Mitbewohnerin im Anschluss ins Kriegsmuseum gegangen ist, habe ich mich weiter durch die Stadt treiben lassen. Ich wollte erst am Fluss (der übrigens, genau wie die Stadt, Ottawa heißt) entlang in Richtung eines größeren Parks gehen, aber mir wurde schnell deutlich, dass das mit dem langsam schmelzenden Schnee gerade keine gute Idee war. Ich ging also weiter, und kam als nächstes an einem weiteren Gedenkort vorbei: dem Holocaust-Mahnmal. Während ich über die europäische Perspektive dieser dunklen Vergangenheit einiges weiß, war die kanadische Perspektive für mich neu, die mir unter anderem Zeigte, dass Kanada es ganz lange verweigert hat, jüdische Menschen einreisen zu lassen. Mit diesen grauen Gedanken ging es für mich weiter, und zwar in Richtung Fluss und über eine Brücke.
Das spannende: Auf der anderen Seite der Brücke beginnt eine andere Stadt, Gatineau. Aber nicht nur das, wie der Name schon andeutet gehört Gatineau zur Provinz Québec, während Ottawa zu Ontario gehört. Darum wurde Ottawa auch, obwohl es nicht die Größte (und auch nicht zwingend die aufregendste…) Stadt ist, zur Hauptstadt Kanadas erkoren: Weil es quasi symbolisch und physisch eine Brücke zwischen den beiden Sprachen (und verbundenen Kulturen) des Landes bildet. Der Spaziergang über die Brücke, entlang des Flusses und etwas später über eine andere Brücke wieder zurück war ganz schön, und wenn es nicht nur knapp über 0°C und regnerisch gewesen wäre, wäre es sicher richtig toll gewesen.
Den letzten Teil des Tages haben wir wieder zusammen verbracht, und uns noch etwas mehr durch die Stadt treiben lassen. Ein wenig war die Stadt inzwischen erwacht, aber es war weiterhin sehr still, besonders für eine Hauptstadt. Schwer zu sagen, ob es immer so ist, oder einfach eine schlechte Kombination aus Post-Corona-Demonstrations-Koma und schlechtem Wetter war, aber die Stadt war irgendwie nicht zwingend besonders einladend. Wir sind dann langsam in Richtung Bahnhof zurückgelaufen, immerhin entlang eines ganz netten Weges, teilweise auch am Wasser.
Am Bahnhof hieß es dann noch eine Weile warten, und zwar ohne sich irgendwo ein heißes Getränk oder ähnliches holen zu können, denn das einzige vorhandene Lokal war geschlossen. Züge in Kanada sind definitiv etwas anderes als in Deutschland und viel weniger beachtet, so eben auch die Bahnhöfe. Die Tickets werden bereits beim Zustieg kontrolliert, und es gibt einiges einweisendes Personal, was mich ein wenig an die Situation am Flughafen erinnert hat – irgendwie ist Zugfahren hier eher etwas Besonderes als etwas Alltägliches. Die Preise sind auch nicht zwingend attraktiv. In unserem Fall war die Zugfahrt etwas teurer als die Hinfahrt mit Bus am morgen, aber dafür auch nicht schneller (und der CO2 Ausstoß ist zwar auch besser, aber auch nicht gerade ideal, da hier alles mit Diesel-Locks läuft). Aber egal, am Ende ging es für uns entspannt zurück nach Montréal, was für den Moment absolut gereicht hat.

Und jetzt komme ich zu dem Punkt, warum die Woche am Ende nicht so endete, wie gewünscht, und auch, warum Ottawa bei mir wohl wenig positiv behaftet in Erinnerung bleiben wird: Ich bin am nächsten Morgen mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und einem echt schlechten Gefühl aufgewacht. Ein Corona-Schnelltest (sowie weitere an den folgenden Tagen) waren zum Glück negativ, aber ich habe dennoch seit letztem Sonntag bis zu diesem Samstag fast nur im Bett verbracht, geschlafen, gehustet, versucht, wieder fit zu werden. Das Maximum an „Kanada“ für mich waren kurze Spaziergänge an der frische Luft. So habe ich mir meine vorletzte Woche hier definitiv nicht vorgestellt.
Aber manchmal hat man es eben nicht selbst in der Hand, und da es jetzt endlich wieder besser ist, bin ich zuversichtlich, dass ich zumindest die restlichen fünf Tage (ich kann noch nicht glauben, dass es wirklich nur noch fünf Tage sind!) noch einmal richtig genießen kann. Es ist da auch schon etwas geplant, aber davon dann später mehr.

BeaverTail
HarborFox
Ottawa1
OttawaChurch
Brunch
Ottawa
OttawaRiver
Bridging
ParliamentHill
DeadCity
ill

07.-16. März 2022

Der Begriff der Zeit…

Nach dem anstrengenden und aufregenden Wochenende ging die nächste Woche eher ruhig los. Ein bisschen aufregender wurde es dann am Mittwoch, denn ich hatte Geburtstag. Es gab natürlich Kuchen (ich habe eine vegane Donauwelle gemacht, weil die nicht nur sehr lecker ist, sondern auch aus Deutschland kommt – und sie kam auch gut an!), und ich habe sogar ein paar kleine (und auch leckere!) Geschenke von meinen Kolleginnen bekommen. Am Abend waren wir dann in kleiner Runde in einem Restaurant direkt um die Ecke von meinem Arbeitsplatz, wo es leckeres Abendessen gab (und pssst, auch einen kleinen Kuchen als Nachtisch). Danach sind wir dann noch zum alten Hafen spaziert, was am Abend ebenfalls sehr schön sein kann, denn von dort hat man einen tollen Blick auf die Jacque-Cartier-Brücke, die im Dunkeln jeden Tag in einer anderen Farbe erleuchtet wird.

Da die Wettervorhersage für Samstag nicht besonders gut war, habe ich den geschützten Shoppingbereich von Montréal genutzt: Ein großer Teil der Innenstadt ist untertunnelt und wird von verschiedenen Geschäften und Kaufhäusern ausgefüllt. Größtenteils habe ich mich einfach nur umgeschaut, um dabei festzustellen, dass doch vieles ähnlich ist wie zu Hause, inklusive einiger Geschäfte, die zu den gleichen Ketten gehören. Aber ich habe auch ein bisschen eingekauft, vor allem ein paar Kleinigkeiten als Erinnerungen und regionstypische Mitbringsel (und da einige der Menschen, die diese bekommen sollen, hier mitlesen könnten, werde ich keine Details preisgeben, aber es ist wohl nicht schwer vorzustellen, dass es mit etwas Süßem zu tun hat…).
Bevor ich dann einen ruhigen Samstagnachmittag und Abend zu Hause verbracht habe, habe ich noch einen Zwischenstopp bei Tim Horton’s eingelegt, einer kanadischen Fastfoodkette, die vor allem für ihre Donuts bekannt ist (aber auch diverse andere Gerichte anbietet). Ich habe mir eine Box mit „Tim bits“ bestellt. Das sind kleine Kugeln, die aus dem gleichen Teig gemacht werden wie die Donuts. Ich vermute, dass sie aus dem gemacht werden, was übrigbleibt, wenn die Donuts ihre Löcher in der Mitte bekommen. Der Vorteil gegenüber Donuts: Ohne extrem viel zu essen, lassen sich verschiedene Sorten probieren – mit Schokolade, mit Zuckerguss, mit Fruchtfüllung. Sicherlich alles absolut nicht gesund, aber manchmal eben einfach lecker!

Am Sonntag war das Wetter deutlich besser, sodass wir uns erneut zum Skifahren am Mont-Royal getroffen haben. Es war wieder richtig schön. Ich habe mich auch erneut etwas sicherer gefühlt – zweimal bin ich aber dennoch gefallen. Das eine Mal lag jedoch an den leider nicht mehr ganz so guten Schneebedingungen – Schmelze und anschließendes gefrieren hat die Loipe ziemlich kaputt gemacht. Aber egal, in jedem Fall habe ich es sehr genossen. Wir sind auch eine kleine Runde gefahren, die wir bisher nicht passiert hatten. Und dann kamen wir an einer Stelle vorbei, an der eine Eule ganz entspannt im Baum saß und sich gesonnt hat. Das war so schön, sie einfach einen Moment zu beobachten – und ich habe diesen Genuss, den man ihr ansehen konnte, extrem nachempfinden können, weil ich Sonnenstrahlen auch immer so genieße. Das war wirklich ein toller Natur-Moment!

Zu Beginn der nächsten Woche wurde es dann immer mehr deutlich, dass wir wirklich die letzte Gelegenheit zum Skifahren genutzt haben, da die Temperaturen langsam immer weiter angestiegen sind. Samstagabend war es dann schon 5°C warm. Was ich aus deutscher Perspektive jetzt nicht zwingend als warm bezeichnen würde, fühlte sich hier plötzlich als extrem mild an, wie ich selber erstaunt festgestellt habe. Auch die Luft roch einfach sehr nach Frühling. Unterstrichen wurde alles von einem stetigen Plätschern und Tropfen des schmelzenden Schnees.
Ich habe diesen ersten Frühlingsabend mit Sonne natürlich ausgenutzt. Am Wochenende war hier übrigens auch Zeitumstellung (warum es zwei Wochen eher ist als in Deutschland verstehe ich auch nicht so recht…), sodass es auch noch relativ hell war nach Feierabend. Ich habe dann eine kleine Runde zu Fuß am Mont-Royal gedreht. Und während ich diese ersten Gefühle von Frühling wirklich genossen habe, hat es mich irgendwie auch melancholisch gestimmt, als mir klar wurde, dass nicht nur der Winter hier in Montréal jetzt zu Ende geht, sondern auch mein Forschungsaufenthalt in großen Schritten auf das Ende zugeht. Es sind jetzt nur noch etwas mehr als zwei Wochen, bis es wieder Heim geht.

Aber ich werde natürlich die verbleibenden Tage noch einmal so richtig genießen, und freue mich darauf, auch ein wenig zu erfahren, wie der Frühlingsanfang hier aussieht!

BrideNight
ChurchNIght
Tim's
SkiSunday
Eule
SpringSun

27. Februar-06. März 2022

Leben in Québec – gestern und heute

Das letzte Wochenende ging mit einem weiteren Tag in der Natur zu Ende: Zusammen mit einer Kollegin habe ich einen Spaziergang am Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms und zum sogenannten Parc des Rapides gemacht. Dieser liegt an einem Bereich des Flusses, in dem es einige Stromschnellen gibt. Dort kann man nicht nur wunderbar spazieren gehen (oder auch Skifahren im Winter), sondern auch die beeindruckende Kraft des Wasser beobachten. Das Wetter war leider nicht so gut wie bei unserer Skitour am Tag davor, aber wir hatten immerhin zwischendurch etwas Sonne. Aber leider auch eine Phase, in der es plötzlich so heftig anfing zu schneien, dass wir nur wenige Meter weit sehen konnten. Wir haben aber einen etwas geschützten Bereich gefunden, und es wurde dann auch schnell wieder besser und wir konnten unseren Weg fortführen.

In der darauffolgenden Woche gab es dann ein sehr kanadisches Event: Wir haben uns ein Eishockeyspiel angeschaut, in dem das Team der McGill (die andere Universität hier in Montréal, an der auch meine beiden deutschen Kolleginnen arbeiten) gegen das Team einer Universität in der Nachbarstadt angetreten ist. Ich muss zugeben, dass ich mir bisher noch nie ein ganzes Eishockeyspiel angeschaut habe, noch nicht mal im Fernsehen – das hat es natürlich besonders aufregend gemacht. Ich war vor allem von dem Tempo beeindruckt, mit dem die Sportler über das Eis geflitzt sind (im Hinterkopf immer mich selbst, wie ich froh bin, auf dem Eis überhaupt vorwärts zu kommen). Noch mehr beeindruckt haben mich die ständigen und häufigen Auswechslungen von Spielern. Ich war jedes Mal verwirrt, ob denn jetzt wieder genug Spieler auf dem Feld sind, aber irgendwie – und ohne irgendein von außen sichtbares Zeichen – hat es immer ohne Probleme geklappt. Vielleicht wirkt es auch einfach nur für jemanden komisch, der nur mit Fußball großgeworden ist, wo die Wechsel ja sehr geordnet ablaufen… aber in jedem Fall war ich beeindruckt und es hat Spaß gemacht, zuzuschauen!

Der nächste Tag war auch sportlich, aber dieses Mal wieder von mir selbst ausgehend. Da es sonnig war und für die nächsten Tage eher schlechtes (und wärmeres) Wetter angesagt war, haben wir beschlossen, noch eine Runde Langlaufski auf dem Mont-Royal zu drehen. Ich habe mich auf den Skiern schon deutlich sicherer gefühlt, und da wir auch die Route schon kannten und besser eingewöhnt waren, waren wir auch schneller unterwegs. Aber meine Muskeln haben mir schnell gezeigt, dass es eben doch noch etwas Neues war. Ich konnte ehrlicherweise auch an diesem Donnerstag noch die Überreste des Muskelkaters vom vorherigen Samstag spüren… aber immerhin war der Muskelkater hinterher dieses mal nicht mehr ganz so heftig.

Das Aufregendste diese Woche war aber definitiv das Wochenende – denn ich habe einen Wochenendtrip nach Québec City gemacht. Da Züge hier kein wirklich häufig genutztes Transportmittel sind – es gibt sie, aber sie sind weder günstig noch besonders schnell – habe ich, wie es relativ normal ist, wenn man ohne Auto unterwegs ist, den Bus genommen. Die dreistündige Busfahrt im durchaus gemütlichen Bus (auch wenn ich Züge immer bevorzugen würde!) konnte ich bei strahlendem Sonnenschein dazu nutzen, die Landschaft zu genießen.
Nach meiner Ankunft habe ich mir direkt ein Ticket für den Nahverkehr vor Ort besorgt, und mich für weitere 35 Minuten in einen Bus gesetzt – um zum Montmorency Wasserfall zu gelangen, der am Nordrand der Stadt liegt. Man kann dort über eine Brücke oberhalb des Wasserfalls entlanggehen, von der man auch einen wunderbaren Blick über das tiefe Tal, in das der Wasserfall hineinfällt, hat. Die Wassermassen, wie sie so nach unten prasseln, waren wirklich beeindruckend. Besonders spannend wurde es durch die Kombination mit gefrorenen Bereichen, da es hier immer noch ziemlich kalt ist. Weil das Wetter so wunderbar war, habe ich dann auch noch einen Spaziergang im Angrenzende Park gemacht, auf einem Weg, der entlang des Flusses, der in dem Wasserfall endet, liegt. Es war wirklich ein ganz wundervoller Nachmittag!
Als ich dann am späten Nachmittag wieder in der Stadt war, habe ich als Erstes meine Unterkunft – eine relativ günstige, aber trotzdem schöne Jugendherberge – bezogen. Danach bin ich dann noch ein wenig durch die Stadt geschlendert: Erneut am Sankt-Lorenz-Strom entlang, vorbei am großen Schloss von Québec, was in der Dunkelheit toll beleuchtet war, und durch die alten Gassen. Ich habe dann ein nettes kleines Restaurant mit super netter Bedienung gefunden, wo es ein leckeres Abendessen für mich gab.

Am Sonntag war das Wetter leider gar nicht mehr so schön: Dicke Wolken hingen vor der Sonne, und brachten abwechselnd Eisregen, Schnee und wieder Eisregen. Es war auch ziemlich findig, also wirklich nicht sehr einladend und auch ganz schön kalt… aber ich habe mich nicht davon abhalten lassen, die alte Stadt zu erkunden, mit der Zitadelle, dem Schloss (jetzt noch einmal im Hellen), mehreren Kirchen und mehr. Um mich zwischendurch aufzuwärmen gab es ein Brunch in einem Crêpe-Restaurant, was ich sehr genossen habe. Dann bin ich weiter durch die Straßen gelaufen und habe die Geschäfte dort begutachtet. Es wird schnell deutlich, dass Québec sehr touristisch ist, es gibt einige Souvenirshops. Aber auch andere hübsche Geschäfte – wobei ich meistens nur von außen geguckt habe, da Shopping einfach nicht so meins ist.
Am Nachmittag, als es immer noch nicht aufhören wollte zu regnen, habe ich mich dann in das Museum der Bevölkerung von Québec zurückgezogen. Dort kann man unglaublich viel über die Geschichte der Stadt und der Provinz lernen – die hauptsächlich von der Kolonialisierung durch Frankreich und England, sowie der Unterdrückung der First Nations, geprägt war. Sehr ernste und durchaus auch deprimierende Themen, aber auch sehr interessant, zumal wir darüber bei uns ja doch eher wenig sprechen und lernen.
Bevor es dann zurück zum Busbahnhof ging gab es noch eine Landestypische Stärkung in Form von Poutine. Die Busfahrt zurück war dann auch nicht mehr so spannend, weil man Nachts und bei Regen einfach schlecht die Landschaft beobachten kann – aber nachdem ich zwei Tage auf Achse war, habe ich es durchaus auch genossen, einfach ein wenig die Augen zu schließen…

Rapides
Hockey
Ski
MOntmorency
MontmorencyBridge
MontmorencyParc
QuebecCastle
CrepesQuebec
QC

18.-26. Februar 2022

Aufregende Tage in guter Gesellschaft

Nachdem die letzte Woche eher ruhig war, war diese Woche wieder voller wunderbarer Erlebnisse, in der Regel eng verknüpft damit, Zeit in der wunderbaren Gesellschaft von Kolleg*innen zu verbringen.

Los ging es damit am letzten Freitag, als eine Kollegin von mir aus Bremen (Bremerhaven, um genau zu sein), die in den nächsten Wochen die Wohnung mit mir teilen wird, hier in Montréal angekommen ist. Als ich am Abend auf sie gewartet habe, habe ich mich gleich an meine eigene Ankunft zurückerinnert, und ein bisschen die Aufregung wieder gespürt. Und festgestellt, dass das nun schon einen ganzen Monat her ist, unglaublich! Ich war entsprechend froh, als sie hier gut und sicher angekommen ist. Ein bisschen neidisch war ich dann, als sie schon am nächsten Tag das Ergebnis vom PCR-Test, der am Flughafen gemacht wurde, bekam, also innerhalb von 24 Stunden! Aber ich habe mich natürlich vor allem für sie gefreut, dass sie nicht länger in Quarantäne bleiben musste, und auch darüber, dass das wohl zeigt, wie sehr sich die Corona-Lage hier inzwischen wieder entspannt hat.

Dass sie schon raus durfte haben wir am Samstag direkt ausgenutzt, und uns mit einer anderen Kollegin, die ebenfalls gerade aus Deutschland hier in Montréal ist, den alten Hafen angeschaut. Als ich das letzte Mal hier war, bin ich nicht lange geblieben, weil es so kalt war. Nun war es etwas wärmer, wenn auch dafür nicht so sonnig. Aber nachdem wir einige Zeit lang am (zugefrorenen) Fluss in leichtem Regen entlanggegangen waren, begannen die Wolken langsam zu verschwinden. Darum haben wir dann entschieden, das Riesenrad, was dort steht – La Grande Roue de Montréal - , zu besuchen. Als wir das erste Mal damit oben waren, hatten wir einen wundervollen Blick über die Skyline der Stadt, und auch über den Sankt-Lorenz-Strom und den Hafen. Dann fing es jedoch ziemlich plötzlich wieder an zu schneien, und binnen weniger Minuten war die Sicht plötzlich so Stark eingeschränkt, dass wir kaum den Boden sehen konnten. Das war ein wenig traurig, aber immerhin hatten wir vorher ein wenig Aussicht und saßen jetzt wenigstens gut geschützt. Natürlich war der Schnee nicht vorbei, als unsere Fahrt um war, also haben wir uns dann schnell ein Café in näherer Umgebung gesucht, um dort einen entspannten Nachmittag zu verbringen. Wir sind dann auch noch ein wenig in der Gegend umherspaziert und haben uns umgeschaut, bevor es wieder nach Hause ging.

Sonntagmorgen hatte der Schneefall endlich nachgelassen, und es war sogar ein bisschen Sonne zu sehen, sodass meine neue Mitbewohnerin und ich spontan zu einem Spaziergang zum Mont-Royal aufgebrochen sind. Da ich den Weg schon kannte, konnte ich ihn ihr zeigen – genau so wie ich ihr am Tag zuvor auch schon gezeigt hatte, wo sie Bargeld abheben kann, wo der dichteste Supermarkt ist, und wie man von unserer Wohnung aus zur Métrostation kommt. Das hat mir noch mal wieder deutlich gezeigt, dass ich wirklich schon eine Weile hier bin und schon einige Orte ganz gut kenne. Die kleine Wanderung war wirklich schön, und da es erst beim Weg zurück wieder etwas anfing zu schneien, konnten wir die Aussicht über die Stadt von Oben bei etwas Sonne wirklich genießen.
Am Nachmittag ging es dann direkt weiter mit einer Verabredung zum Mittagessen in einem relativ typischen Nordamerikanischen Diner in Gesellschaft zweiter weiteren Kolleginnen. Typisch bedeutet leider wohl auch ziemlich fleischlastig, was für mich als Vegetarierin (mit großer Präferenz für veganes Essen) nicht unbedingt attraktiv war. Aber es war völlig in Ordnung und ich habe ein sehr leckeres Baguette mit Salat und verschiedenem Gemüse gegessen. Nach dem Essen ging es für uns dann an zwei weitere Orte, die ich schon einmal besucht hatte: Das Olympiastadion und den botanischen Garten. Aber im Gegensatz zu meinem letzten Besuch sind wir dieses Mal eine ganze Weile im Garten spazieren gegangen – und noch mehr hatte ich den Eindruck, dass dieser Ort besonders im Sommer wirklich beeindruckend sein muss – und haben uns auch das Stadion aus der Nähe angeschaut und umrundet. Der Besuch hat sich also auch für mich definitiv gelohnt.

Nach ein paar sehr produktiven, aber auch ganz gewöhnlichen Arbeitstagen stand Donnerstag das Nächste Event auf dem Plan: Erneut in Gesellschaft meiner deutschen Kollegin habe ich das Lichterfest in Montréal, Montréal en Lumière besucht. Das findet über zwei Wochen hier statt und bietet eine Mischung aus verschiedenen Aktivitäten für Kinder (wie z.B. auf einer Scheibe hüpfen, um verschiedene Lichter zu erzeugen), große Lichtinstallationen und Videos, die an Gebäudewände projiziert werden, verschiedene Veranstaltungen und natürlich das Angebot von Essen und Trinken. Das Gelände des Festes ist direkt for dem UQAM, wir haben uns also direkt nach der Arbeit dort getroffen. Zunächst gab es in einem Restaurant in der Nähe Abendessen (leckere vegetarische Pizza), bevor wir uns dann als erstes eine Eislauf-Show auf einer der Eislaufbahnen, die auf dem Festivalgelände aufgebaut wurden, angeschaut haben. Es war eine tolle Mischung aus Eiskunstlauf und Stunts auf dem Eis, sehr beeindruckend! Danach wollten wir uns eigentlich selber aufs Eis wagen: Im Programm wurde die Heavy Metal Nacht angekündigt, also Eislaufen bei entsprechender Musik (die mir sehr gefällt), aber uns wurde schnell klar, dass das wohl nur mit viel Geduld etwas wird: Sowohl an der Ausleihstelle für Schlittschuhe als auch am Eingang auf die Eisfläche war es extrem voll. Wir haben uns dann dagegen entschieden, und uns lieber mit einem heißen Getränk neben die Eisbahn gestellt, der Musik gelauscht und das Rege treiben beobachtet (es war wirklich voll, sah also auch nicht unbedingt spaßig aus…). Aber auch wenn es am Ende nicht ganz so lief wie geplant, war es wirklich schön.

Das letzte und vermutlich auch schönste Ereignis dieser Woche gab es dann am Samstag: Wir sind zum Langlaufskifahren auf den Mont-Royal gefahren. Wir hatten das schon Anfang der Woche für diesen Tag geplant, und wirklich riesen Glück mit dem Wetter. Nachdem es Mitte der Woche etwas wärmer war, gab es seit der Nacht von Donnerstag auf Freitag, bis Freitagabend, viel frischen Schnee. Freitagabend verschwanden die Wolken dann, der Himmel klarte auf und am Samstagmorgen erwartete uns ein strahlendblauer Himmel und eine strahlende Sonne. Es war am Morgen zwar noch relativ kalt (-14°C), wurde aber schnell wärmer (um die -5°C waren es dann am Nachmittag). Wir hatten also einfach perfekte Bedingungen zum Skifahren: Perfekten fluffigen Schnee, eine strahlende Sonne und absolut aushaltbare Temperaturen. Der Treffpunkt war das Plateau des Mont-Royal, wo wir auch Skier ausleihen konnten, und dann ging es los für eine Runde auf dem Berg. Ich war ein bisschen nervös, weil es schon eine ganze Weile (mehr als 10 Jahre, um genau zu sein) her ist, dass ich das letzte Mal auf Skiern stand – und da waren es Skier für Abfahrtski, Langlauf habe ich noch nie gemacht. Aber ich habe es hier in den letzten Wochen ja schon oft beobachten können, und in Kombination mit ein paar Tipps meiner Kollegin sowie anderen Menschen, die auf Skiern unterwegs waren, als ich an einem steilen Hang doch sehr gekämpft habe, hat es durchaus gut geklappt und war einfach unglaublich schön. Es war einfach wunderschön draußen, der Schnee glitzerte im Licht und ich konnte es sehr genießen – das lässt auch die jetzt im Nachhinein schmerzenden Beine und die mehreren Male, die ich mit dem Hinterm im Schnee gelandet bin, weil ich einfach doch nicht so richtig geübt bin, vor allem wenn es bergab geht, schnell vergessen.
Nach einer dreistündigen Skitour habe ich meine Kollegin dann noch auf einem etwa 1,5 stündigen Spaziergang nach Hause begleitet, weil wir bei dem Wetter einfach noch etwas draußen sein wollten. Als Belohnung gab es dann sehr leckere Muffins von einer Bäckerei bei ihr um die Ecke, und einen entspannten Nachmittag.

Insgesamt war diese Woche voll mit toller Gesellschaft, zusätzlich zu den beschriebenen tollen Erlebnissen. Es ist wirklich schön, nicht mehr alleine in der Wohnung zu sein, und auch generell die Freizeit nicht alleine zu verbringen, und einfach den Winter hier zu genießen (und es hilft, ein wenig all das Auszublenden, was die Nachrichten uns gerade Schlimmes berichten…)! Es gibt auch schon einige Pläne für die kommende Woche, davon werde ich also sicher bald berichten können.

OldPOrt
Roue
RiverPort
Olympics
MTLLumiere1
Lumiere2
SnowDay
SunnyDay
Skiing
ViewMontRoyalSki

07.-17. Februar 2022

Regentage – ein bisschen Heimatgefühl

Nachdem ich beim letzten Mal mehr über meine Arbeit erzählt habe, ist mir aufgefallen, dass ich jetzt schon mehr als eine Woche im Rückstand bin, was die Berichte von meinen Erlebnissen hier angeht. Ich habe auch gedacht, es gibt eigentlich nichts Spannendes zu erzählen, aber nachdem ich einen Blick auf die Fotos auf meinem Handy geworfen habe, sind mir dann doch noch ein paar Dinge eingefallen, die ich erzählen könnte.

Los geht es mit etwas, was in den letzten Tagen irgendwie immer relevant war: das Wetter. Seit ich hier bin gab es im Prinzip zwei Arten von Wetter – entweder war es kalt (so zwischen -5 und -10°C) und hat geschneit, oder es war verdammt kalt (zwischen -10 und -20°C) und sonnig. Beides gefällt mir gut, denn Sonne genieße ich immer sehr, ich mag es aber auch, Schneeflocken beim Fallen zuzuschauen. Aber in der zweiten Hälfte der letzten Woche kam eine neue (aber mir auch ziemlich bekannte) Sorte Wetter dazu: Temperaturen mehr oder weniger oberhalb des Gefrierpunktes und Regen. Natürlich ist graues Regenwetter absolut nichts Neues für mich, da die meisten Tage im Februar (und Januar, und November, und viele Tage während weiterer Monate, um ehrlich zu sein…) in Bremen so aussieht. Aber was für mich neu ist, sind die krassen Temperaturschwankungen. Innerhalb kürzester Zeit ist es von -12 auf +5°C gesprungen – an einem Tag! Die höheren Temperaturen sorgen dann natürlich dafür, dass der Schnee schmilzt. Das ist besonders im Park, der dessen Wege bis dato aus festgetrampeltem Schnee bestanden, sehr unangenehm, da es sehr rutschig wird. Dazu kamen dann noch kleinere Bäche auf und neben den Wegen hinzu, entstanden durch das Schmelzwasser. Dadurch war es echt nicht leicht, mit einigermaßen trockenen Füßen durch den Park zu kommen… aber keine Sorge, es wurde sogar noch besser: Nachdem es ein paar Tage etwas milder war, sind die Temperaturen plötzlich wieder um etwa 20°C gesunken. Am Samstag waren es morgens noch 5°C, am Abend lagen die Temperaturen dann bei -17°C. Was das für einen Effekt auf die Spaziergänge im Park hat ist nicht schwer vorzustellen: Die Wege, die eine kurze Zeit mit Wasser bedeckt waren, wurden zu extrem glatten Eisbahnen. Es war an einigen Stellen plötzlich unmöglich, dort zu gehen (zumindest, wenn man keine Spikes an den Schuhen hatte oder rutschen statt gehen wollte).
Und damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende Nach ein paar grauen Regentagen, einem sehr kalten (aber dafür schön sonnigen!) Sonntag und zwei weiteren eher kalten und sonnigen Tagen, wurde es gestern dann wieder grau und etwas wärmer. Und heute, am Donnerstag, ist es am Regnen, während ich diesen Artikel schreibe. Es hat schon geregnet, als ich heute Morgen aufgestanden bin, und seitdem nicht mehr aufgehört. Die Temperaturen fallen aber gerade wieder, und im Laufe der Nacht soll der Regen wieder in Schnee übergehen. Es wird also spannend, wie die Straßen morgen aussehen, und der nächste Spaziergang wird vielleicht wieder ein Abenteuer. Vielleicht werde ich davon noch mal berichten.

Aber es gibt auch noch mehr als nur das Wetter. Essen zum Beispiel, denn auch hier konnte ich weitere leckere Entdeckungen machen. An einem Tag habe ich mir zum Feierabend einen Abstecher in eine Bäckerei gegönnt, und mir dort als Belohnung für einen Produktiven Tag ein Törtchen (Tartlette) und ein Éclair gegönnt. Diese Gebäckstücke zeigen wohl, dass es doch eine gewisse Verbindung zwischen Québec und Frankreich gibt. Auch ein erst mal typisch französisches Gericht sind Crêpes – und auch diese durfte ich in den letzten Tagen genießen, und zwar in einem Lokal, was auf eben diese spezialisiert ist. Es liegt in meiner Nachbarschaft, und es hat bei einem meiner Spaziergänge meine Aufmerksamkeit geweckt, weil dort ein riesiger Teddybär im Fenster sitzt. Nachdem ich ihn gesehen habe, habe ich die Karte genauer begutachtet, und weil es wirklich gut klang, war ich ein paar Tage später zusammen mit einem Kollegen dort. Und wie sich vielleicht auch auf dem Foto schon erkennen lässt, was es wirklich richtig gut!
Und dann habe ich noch eine Spezialität aus Montréal getestet: Bagel. Ich habe gelernt, dass das Rezept für Bagel hier ein anderes ist als das, was in den Vereinigten Staaten genutzt wird. Ich war noch nicht dort, kann das also nicht durch eigene Erlebnisse bekräftigen, aber auf jeden Fall haben mir die Bagel hier geschmeckt. Aber nicht nur das Geschmackserlebnis war klasse, auch das Einkaufserlebnis: Ich war in zwei traditionellen Bäckereien, die die Bagel direkt dort verkaufen, wo sie produziert werden. Man steht also fast direkt in der Bäckerei und kann dabei zuschauen, wie Teig geformt und gebacken wird, während man frische Bagels bestellt. Die, die ich gekauft habe, waren noch warm, also wirklich besonders lecker!

Zum Schluss für heute möchte ich noch über einen „kleinen“ Spaziergang, den ich am Samstag gemacht habe, erzählen. Ursprünglich bin ich losgegangen mit der Idee, zum Hafen zu gehen, aber ich merkte draußen dann, dass es ganz schön windig war. Weil ich das Gefühl hatte, dass es so am Hafen eher ungemütlich ist, bin ich dann einfach eine der Hauptstraßen entlanggegangen – mit dem Gedanken, eine Weile zu gehen, und dann wieder umzudrehen. Das Problem an dem so strickt geordneten Straßennetz in Montréal ist, dass man wirklich weit gucken kann. So habe ich in der Ferne schnell das Olympiastadion von Montréal erblickt. Und nachdem ich noch ein Stück weiter ging, keimte die Frage in mir, ob ich nicht dorthin gehen könnte (auch wenn ich wusste, dass es ganz schön weit weg ist)? Ich bin also erst mal weiter gegangen, und habe dann mal auf meinem Handy geschaut, wie weit es eigentlich ist. Und irgendwie ging ich immer weiter und dann war klar, dass ich jetzt auch wirklich hingehen könnte. Gesagt, getan. Schlussendlich bin ich etwa 6 km gegangen, aber die Temperaturen waren am Samstag bis zum Nachmittag wie erwähnt relativ mild (also über 0°C), und es war wirklich nett. Ich konnte dann nicht nur das Stadion begutachten, sondern war auch noch im danebengelegenen botanischen Garten. Ich schätze, wenn die Pflanzen dort nicht unter Schnee begraben sind, ist es dort noch schöner, aber auch so war es zum Entlangschländern schon ganz nett, zumal es zum Beispiel im Chinesischen Garten ein paar interessante Gebäude gibt. Und da ich es auch sehr genieße, einfach zu gehen, mich treiben zu lassen und Eindrücke in mich aufzusaugen war es auch jeden Fall ein schöner Spaziergang!

MeltingPath
frozenPath
pastries
crepes
bagel
olympicStadium
ChineseGarden

Allgemeine Einblicke: meine Forschung

Ich habe versprochen, meiner Forschungsarbeit in einem eigenen Artikel noch einmal detailliertere Beachtung zu schenken – jetzt ist es soweit!

Der Hauptfokus meiner gesamten Forschung im Rahmen meiner Doktorarbeit sind planktische Foraminiferen – Mikroorganismen, die im Wasser der Ozeane leben und eine Hülle aus Kalk um ihren Körper aufbauen (in etwa vergleichbar mit dem, was wir von Muscheln oder Krebsen kennen). Es gibt viele Gründe, weshalb man sich für die Hülle dieser kleinen Lebewesen interessieren kann. So kann dieser zum Beispiel über die klimatischen Bedingungen enthalten, da der Aufbau des Kalkes dadurch beeinflusst sein kann, und diese Information kann im Ozeanboden über tausende von Jahren gespeichert werden. Aber ich interessiere mich mehr dafür, was heute passiert: Ich möchte verstehen, welche Rolle die Schale der Foraminiferen und dessen Formung im Kohlenstoffkreislauf spielen. Der regionale Fokus meiner Arbeit liegt hierbei auf der Arktis (da ich, wie bereits zuvor erwähnt, Teil einer internationalen arktischen Forschungsgruppe bin). Seit Oktober 2019 habe ich an Material gearbeitet, welches aus dem Bereich kommt, in dem die Foraminiferen leben – etwa die obersten 300 m des Ozeanwassers, also dicht an der Oberfläche. Während meiner Arbeit hier in Montréal verlagert sich der Fokus jetzt ein wenig, denn ich möchte nicht nur mehr über den Aufbau der Schalen wissen, sondern auch darüber, wie sie abgelagert werden. Und das passiert nun mal am Boden des Ozeans, in den Sedimenten. Ich möchte herausfinden, wie viele der Kalkschalen der planktischen Foraminiferen den Ozeanboden erreichen und dort über längere Zeitskalen erhalten bleiben.

Wie mache ich das? Ich arbeite mit Proben aus sogenannten Sedimentkernen. Das sind lange, rohrförmige Proben, die direkt aus dem Ozeanboden herausgezogen werden, und die aus allem besteht, was sich im Boden ansammelt: Sand, Schlamm, einfach alles, was so nach unten sinkt – inklusive der Schalen der Foraminiferen, die an der Oberfläche gelebt haben und dann gestorben sind.
Nachdem der Sedimentkern vom Ozeanboden ins Labor kommt, werden Proben in bestimmten Intervallen genommen, zum Beispiel alle zwei Centimeter. Die Proben werden dann weiter bearbeitet, zum Beispiel gesiebt, um sie nach der Größe des enthaltenen Materials zu sortieren. Ich schaue mir hierbei das Material an, dass größer als 100 µm ist (andere Forschende interessieren sich für andere Organismen und deren Überreste, die noch viel kleiner sind als das!), aber immer noch wirklich klein (in der Regel kleiner als 250 µm). All diese Arbeitsschritte kann ich zwar beschreiben, kenne sie aber nur aus der Theorie, da ich bisher keine Proben selber aus einem Sedimentkern herausgenommen habe. Ich arbeite mit Material, das schon vor einigen (teilweise wirklich vielen!) Jahren gesammelt und bearbeitet wurde, und die Korngröße, für die ich mich interessiere, wurde bis heute aufbewahrt, da bisher niemand daran gearbeitet hat.

Was mache ich mit diesen schon vorbereiteten Proben? Das ist eigentlich ziemlich simpel. Als erstes schaue ich, wie viel Material ich von einer Probe, die an einer bestimmten Stelle aus dem Sedimentkern genommen wurde, habe. Wenn es sehr viel Material ist, teile ich es auf. Dafür nutze ich einen kleinen Splitter: Oben gibt es eine Art Rohr, welches oben geöffnet ist. Darunter befinden sich schmale Rutschen, die am Ende zu je einem weiteren oben geöffneten Rohr führen. Ich fülle meine Probe also oben hinein, drehe das Rohr um und das Material rutscht herunter – und zwar je zur Hälfte auf die eine und die andere Seite. So ist es genau aufgeteilt, dass jeweils die Hälfte in einem der Röhrchen ist. Wenn dann immer noch zu viel Material vorhanden ist, kann ich diesen Schritt einfach wiederholen, sodass ich dann zum Beispiel mit einem Viertel der gesamten Probe arbeiten kann (oder es weiter aufteilen kann, bis ich zufrieden bin mit der Menge).
Danach schütte ich das Material vorsichtig auf ein kleines Metallblech mit einem Schachbrettmuster. Dieses Muster hilft dabei, den Überblick darüber zu behalten, was man schon begutachtet hat und was noch nicht. Ich lege dieses kleine Blech unter ein binokulares Mikroskop, um genau sehen zu können, was dort enthalten ist (mit dem bloßen Auge sind nur Körner zu sehen…), und dann beginnt die eigentliche Arbeit: Ich nehme einen feinen Pinsel zur Hand (ja, es ist ein ganz einfacher Pinsel, wie ihn andere Menschen zum Malen von feinen Linien mit Wasserfarben nutzen), tauche ihn in etwas Wasser, sodass Material daran kleben bleiben kann, und beginne, nach den Schalen von planktischen Foraminiferen zu suchen. Immer wenn ich eine finde, berühre ich sie vorsichtig mit dem feuchten Pinsel, sodass sie daran hängen bleibt, und ich sie auf einen anderen Probenträger transferieren kann. Wenn ich mir sicher bin, dass ich alle Foraminiferen in der Probe gefunden habe, kann ich das verbleibende Material zurück in den ursprünglichen Probenbehälter kippen (vielleicht gibt es ja irgendwann noch andere Menschen, die sich das genauer anschauen wollen, weil sie an anderen Material darin interessiert sind?).
Aber ich bin damit noch nicht fertig. Jetzt beginnt die absolute Feinarbeit: Ich lege den Probenträger, auf dem ich die Foraminiferenschalen platziert habe, unter das Mikroskop und beginne, sie zu sortieren. Sortieren nach was? Nach Art. Es gibt eine große Anzahl an Arten plantischer Foraminiferen, die durch verschiedene Formen ihrer Schale voneinander unterschieden werden können. Zum Glück ist die Anzahl der Arten in der Arktis durch deren extreme Lebensbedingungen nicht so groß. Dennoch gibt es neben der häufigsten Art (die den wunderbaren Namen Neogloboquadrina pachyderma trägt, ein toller Name zum aussprechen Lernen an Tagen der Langeweile!) noch etwa zwei bis fünf weitere Arten in meinen Proben. Und da die verschiedenen Arten nicht nur unterschiedlich aussehen, sondern auch unterschiedlich groß und schwer sein können, was für den Beitrag zum Kohlenstoffkreislauf interessant sein könnte, sortiere ich sie. Wenn ich damit fertig bin, zähle ich sie noch, damit ich weiß, wie viele Foraminiferen sich insgesamt in der Probe befinden und welchen Anteil die unterschiedlichen Arten haben.

Und wofür das alles? Wie ich schon zu Beginn erwähnt habe, ist mein Fokus der Kohlenstoffkreislauf. Da die Schalen der planktischen Foraminiferen Kohlenstoff enthalten, der natürlich im Kohlenstoffkreislauf eine Rolle spielt, und auch insgesamt für unser Klima (wenn vom Klimawandel die rede ist, geht es ja zum Beispiel oft um Kohlenstoffdioxid, der natürlich damit zusammenhängt), aber auch für alles Leben im Ozean, sehr wichtig ist. Ich möchte wissen, wie viel von diesem Kohlenstoff im Boden gespeichert wird durch das Vorhandensein der Schalen der Foraminiferen, und wie das mit dem Klima zusammenhängt.
Da ich erst am Anfang dieses Projektes stehe (und auch meine sonstige Forschung noch in Arbeit ist), kann ich hier keine spannenden neuen Erkenntnisse teilen. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich das an einem gewissen Punkt in der Zukunft können werde.
Bis dahin werde ich sicher noch so einige Stunden vor dem Binokular verbringen, und auch vor meinem Computer, um die Daten zu analysieren, die ich im Labor gesammelt habe. Und wenn ich dann irgendwann endlich Ergebnisse habe, freue ich mich natürlich auch, diese zu teilen!

Und warum in Montréal? Wer mich schon mal über meine Forschungsarbeit hat sprechen hören (oder diesen Artikel Aufmerksam gelesen hat und sich ein paar weiterführende Gedanken gemacht hat), wird festgestellt haben, dass die Arbeit, die ich hier in Montréal mache, sich nicht groß von dem unterscheidet, was ich bereits die letzten Monate und Jahre in Bremen getan habe. Das ist auch absolut richtig: Alles, was ich hier bisher gemacht habe, hätte ich prinzipiell in Bremen genauso gut machen können. Aber es gibt dennoch mehrere gute Gründe, weshalb ich hierhergekommen bin. Der erste und auch sehr wichtige Grund ist, dass die Proben, mit denen ich arbeite, hier am UQAM gelagert werden. Es ist hier für mich sehr leicht, an sie heranzukommen. Ich habe mir schon einen Überblick verschafft, was vorhanden ist, und kann jetzt relativ spontan entscheiden, was genau ich bearbeite. Natürlich werden auch in Bremen am MARUM oder zum Beispiel in Bremerhaven am Alfred-Wegener-Institut Proben aus der Arktis gelagert, und Proben zu verschicken ist prinzipiell durchaus auch nicht unmöglich. Aber es sind nicht die Proben alleine, von denen ich profitiere, sondern auch die Expertise der Menschen hier vor Ort. Die Professorin, mit der ich zusammenarbeite, kennt die Labrador See, aus der die Proben stammen, sehr gut und hat ein breites Wissen über Sedimentkerne im Allgemeinen. Auch der Austausch mit verschiedenen Wissenschaftler*innen mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten und von verschiedenen Forschungsinstituten ist sehr wichtig in der Forschung, und ich kann von dem hier vorhandenen Wissen definitiv profitieren, auch beziehungsweise vielleicht auch gerade weil der Fokus der Leute hier ein wenig anders ist als der in meiner Arbeitsgruppe in Bremen. Und dann ist natürlich einfach zu bedenken, dass es eine extrem wertvolle Erfahrung ist, einige Zeit im Ausland zu verbringen und mit anderen Menschen in einem anderen Kontext zu arbeiten und eine andere Kultur zu erfahren.
Und diese Erfahrung, wie sich auch in meinen Blogartikeln hoffentlich immer wieder gezeigt hat und weiter zeigen wird, ist einfach extrem wertvoll und in meinen Augen alleine schon ein sehr, sehr guter Grund, hier zu sein, auch wenn die Arbeit an sich jetzt nicht so extrem besonders oder anders ist.

UQAM
Splitter
SampleOnTray
BinoWork
ViewThroguhBino
ForamDetail
SortedSample
SomeIdea
perspective

3.-6. Februar 2022

Von „Poutine“ und „patins“

Da ist er nun, mein kleiner Bericht mit Eindrücken von den ersten Tagen und Abenden, die ich in Gesellschaft verbracht und bereits beim letzten Mal erwähnt habe.
Dank der ArcTrain Community, der internationalen Forschungsgruppe mit Fokus auf der Arktis, zu der ich gehöre, kannte ich schon vor meiner Ankunft hier zumindest ein paar Menschen. Zum Teil nur von Online-Meetings, aber immerhin. Und die Quintessens der Zeit, die ich mit Kolleg*innen hier bisher verbracht habe, waren zwei Dinge, die (im Französischen) sehr ähnlich klingen: Poutine und patins.

Den ersten Begriff habe ich beim letzten Mal bereits fallengelassen, und zwar im Zusammenhang mit dem Thema Restaurant. Es ist also vielleicht schon offensichtlich, dass es hier um etwas zu Essen geht. Aber nicht nur das, es ist hier in Montréal sogar etwas Besonderes, denn die Poutine hat ihren Ursprung in der Provinz Québec, zu der Montréal gehört. Das klingt jetzt sehr besonders, ich muss aber auch gleich dazu sagen, dass es sich bei Poutine in erster Linie um Fastfood handelt. Traditionell besteht es aus (dicken) Pommes, Käsebruch (cheese curds) und Bratensauce. Aber da es hier ein sehr bekanntes und auch beliebtes Gericht gibt, gibt es auch viele Variationen. Darüber bin ich ehrlich gesagt ziemlich froh, denn als Vegetarierin ist die klassische Bratensauce, die ja nun mal mit Fleisch hergestellt wird, nicht so attraktiv für mich. Bei den vielen Variationen gibt es aber zum Glück auch ein gutes vegetarisches Angebot.
Ich habe inzwischen zwei Mal Poutine gegessen. Beim ersten mal war es eine Variante mit knusprigem Tofu, Gemüse und natürlich Sauce zu den Pommes und dem Käse. Beim zweiten Mal habe ich mich für ein Gericht mit vegetarischen Würstchen und wieder einer Variation an Gemüse entschieden. Beides hat mir gut geschmeckt – und wer weiß, vielleicht komme ich ja auch noch dazu, noch mehr auszuprobieren?

Aber nicht nur das Essen an sich war etwas Besonderes, sondern, wie bereits erwähnt, auch, dass wir in ein Restaurant gegangen sind. Für mich war es das erste Mal hier in Montréal, und viele andere waren an einem der letzten Tage zumindest zum ersten Mal seit langem wieder im Restaurant – denn wegen der Pandemie waren diese seit Weihnachten geschlossen. Jetzt sind sie zum Glück wieder geöffnet für alle, die eine Impfung nachweisen können.
Das Lokal, wo wir waren, ist komplett auf Poutine spezialisiert, was natürlich bedeutet, dass sie eine besonders große Auswahl an Variationen im Angebot haben. Das Restaurant ist wohl auch ziemlich beliebt, was und schmerzlich vor Augen geführt wurde, als wir dort ankamen, und sich bereits eine Schlange aus wartenden Menschen vor dem Eingang gebildet hatte. Wir haben kurz überlegt, ob wir lieber etwas zum zu Hause essen bestellen, aber das hätte am Ende vermutlich auch nicht länger gedauert, weil wir dann auch noch zu meiner Kollegin, bei der wir uns getroffen hatten, hätten zurückgehen müssen. Also entschieden wir uns für warten. Bevor ich also die Erfahrung des ersten Restaurantbesuches machen durfte, gab es erst noch die Erfahrung, eine Zeit lang im Schnee draußen zu warten. Aber es war immerhin nicht so extrem kalt (sprich: nur knapp unter 0°C), und im Schnee stehen ist definitiv besser als im Regen, denn man wird dabei nicht nass.
Als wir dann endlich reinkamen und uns setzen konnten, war es einfach gut. Dass mir das Essen geschmeckt hat, ist sicherlich schon deutlich geworden. Aber auch der Service war sehr gut. Für mich war es tatsächlich ein bisschen seltsam, dass die Kellnerin so regelmäßig vorbeikam und fragte, ob alles in Ordnung ist und wir noch etwas möchten. Das bin ich dann doch aus Deutschland nicht so gewöhnt, wo Kellner*innen eigentlich nur zum Aufnehmen der Bestellung, zum Bingen des Bestellten und wenn sie sehen, dass die Teller geleert sind, an den Tisch kommen. Und oft muss man für die Rechnung noch mal extra auf sich aufmerksam machen… Aber in Kanada hängen die Servicekräfte auch einfach viel mehr von gutem Trinkgeld ab als bei mir in der Heimat, denn ihr reguläres Gehalt ist doch eher mager. Es war komisch für mich, aber ich glaube, manchmal fände ich es gar nicht so schlecht, wenn ich nicht erst umständlich auf mich aufmerksam machen müsste, wenn ich in Deutschland im Restaurant noch Etwas nachbestellen oder bezahlen möchte.
Was ich übrigens auch gut fand: Es ist völlig selbstverständlich, dass kostenlos (Leitungs)Wasser auf den Tisch gestellt wird. Ich habe gehört (und erlebt), dass das in vielen Ländern die Regel ist, aber in Deutschland eben nicht, obwohl das Leitungswasser auch bei uns nicht wirklich teuer aber dafür problemlos trinkbar ist. Es sollte also eigentlich kein Problem sein… aber scheinbar lassen sie einen eben lieber für Wasser (auch für stilles Wasser!), was durch das ganze Land kutschiert wurde und dabei für viel CO2-Ausstoß sorgt, bezahlen.

Aber genug über die Situation in deutschen Restaurants geschimpft… Ich habe jetzt schon so viel geschrieben, und immer noch nicht erklärt, was sich hinter dem zweiten Begriff, „patins“, verbirgt. Das ist das französische Wort für Schlittschuhe. Und Schlittschuhlaufen ist natürlich in einem Land, in dem die Temperaturen so konsequent für Wochen und Monate unter dem Gefrierpunkt liegen, absolut naheliegend. Wir haben uns also (inzwischen zwei Mal) in einem Park in der Mitte der Stadt zum Schlittschuhlaufen getroffen. Es gibt in der Stadt einige Orte, um das zu tun, aber wir brauchten natürlich einen, wo ich mir welche Ausleihen kann. Die meisten, die hier leben, haben eigene Schlittschuhe, und das kann ich schon jetzt sehr gut nachvollziehen. Aber für meine derzeitige Situationen ist ausleihen natürlich das Sinnvollste. Als ich das erste Mal aufs Eis bin, war ich dann doch ganz schön unsicher, schließlich ist es einige Jahre her, dass ich das letzte Mal Schlittschuhlaufen war (und da war ich auch nicht in so einer tollen Umgebung draußen auf einem See, sondern nur in einer Halle in Bremen), aber ich habe mich schnell (wieder) daran gewöhnt und bin dann ohne Probleme vorwärts gekommen. Und dann hatten wir viel Spaß! Auch das ist etwas, wo ich mir gut vorstellen kann, dass ich es noch mal wieder machen werde in den nächsten Wochen.

Zwischen dem Restaurantbesuch am Donnerstag und der zweiten Runde Schlittschuhlaufen am Sonntag habe ich den Samstag erneut draußen im Schnee verbracht. Nach zwei ziemlich grauen Tagen mit ordentlich Schneefall war die Sonne wieder da – und damit ein strahlendblauer Himmel (und die extremere Kälte…)! Ich habe mich also in die Métro gesetzt und bin zum westlichen Rand der Insel, auf der Montréal liegt, gefahren. Dort liegt der Fluss Rivières des Prairies, an dem auch die Halbinsel Île de la Visitation liegt, zu der ein schöner Naturpark gehört. Mit der Sonne und dem glitzernden Schnee war es wieder mal unglaublich schön. Trotz der geringen Temperaturen war der Hauptteil des Flusses übrigens tatsächlich nicht gefroren (wohl wegen der Strömung), es gab also eine tolle Mischung aus Wasser, Eis und natürlich Natur mit Bäumen, Sträuchern und Schnee, Schnee und noch mehr Schnee.
Viel mehr gibt es hierzu eigentlich nicht zu sagen – ich lasse lieber einfach die Bilder für mich sprechen (zumal ich schon sehr viel geschrieben habe und ohnehin keine Fotos von den Erfahrungen mit der Poutine habe).

patins
ParcBridge
Bridge
RivierePrairies
RiverHouses
Natureparc
church
Spuren

26. Januar - 3. Februar 2022

Alltag – aber besonders!

Nachdem ich meine ersten Tage damit verbracht habe, alles kennenzulernen, entsteht so langsam so etwas wie Routine und Alltag. Ein wichtiger Teil davon ist natürlich meine Arbeit, der Grund weshalb ich überhaupt nach Montréal gekommen bin.

Nachdem ich die erste Zeit im Home Office verbringen musste, bin ich am 28. Januar zum ersten mal zum UQAM (Université de Québec à Montréal) gegangen. Und wenn ich sage, ich bin dort hin gegangen, meine ich tatsächlich genau das: Ich bin gegangen, zu Fuß, denn es ist wirklich nicht weit. Am ersten Tag habe ich mich für den besonders einfachen Weg entschieden, der einfach die Straße, in der ich wohne, entlangführt. Nach 20 Minuten immer geradeaus gehen war ich dann am Wissenschaftsgebäude des UQAM, wo das Geotop und die Arbeitsgruppe, mit der ich hier zusammenarbeite, ihren Standort haben. Auf meinem Heimweg habe ich mich dann aber schon für einen anderen Weg entschieden. Dieser führt eine kleinere Straße entlang und dann ein langes Stück durch den Park, mit Blick auf den Mont-Royal. Es dauert wohl ein paar Minuten länger, aber das ist es definitiv wert.
Diese kleinen Spaziergänge am Morgen, um richtig wach zu werden, und am späten Nachmittag, um das Hirn nach einem anstrengenden Arbeitstag etwas auszulüften, sind wirklich angenehm. Und jedes Mal, wenn ich dort langgehe wird mir wieder bewusst, wie sehr ich es genieße, hier zu sein: Das Knacken des Schnees unter den Füßen, die Eichhörnchen, die durch den Park wuseln, der Blick auf den Mont-Royal – all das sagt mir jeden Tag aufs Neuem dass ich an einem für mich wirklich besonderen Ort bin, selbst wenn der Arbeitsalltag nicht so anders zu sein scheint als das, was ich von zu Hause kenne.
Und ja, mir ist bewusst, dass ich bis jetzt die Details über die Arbeit völlig ausgelassen habe – und das werde ich in diesem Artikel auch weiterhin tun. Ich kann sagen, dass ich wirklich zufrieden mit der Arbeit bin, und die Menschen, mit denen ich arbeite, wirklich nett und sehr hilfsbereit sind. Aber alle weiteren Details über meine Forschung hier brauchen Platz in einem anderen Artikel. Der wird aber auch bald folgen, versprochen!

Aber es ist nicht nur die Arbeit, die diese besondere Mischung aus Alltagsroutine und Aufregung über diesen Ort und neue Erlebnisse enthält – das trifft im Endeffekt auf mein gesamtes Leben hier gerade zu. Ich lerne die Stadt immer besser kennen, ganz besonders natürlich die Gegend im Umkreis meiner Wohnung. Sowohl unter der Woche (nach der Arbeit), als auch am Wochenende, genieße ich es weiterhin sehr, kleinere und größere Spaziergänge zu machen. So habe ich auch die Innenstadt inzwischen weiter erkundet, und bin an ein paar interessanten Restaurants vorbeigekommen, die jetzt auf meiner „Das muss ich mal ausprobieren!“-Liste stehen. Und auch wenn ich die Straßen hier im Viertel inzwischen mehr und mehr kenne, freue ich mich doch immer wieder darüber, sie mir genauer anzuschauen. Ich mag die Häuser hier sehr, mit der besonderen Architektur, den geschwungenen Außentreppen und den kleinen und feinen Unterschieden. Besonders schön sind die Spaziergänge natürlich immer dann, wenn es nicht nur kalt, sondern auch sonnig ist.

So war es auch am letzten Wochenende, was ich dann direkt zum Anlass genommen habe, noch einmal den Mont-Royal hochzuwandern. Und auch wenn es nicht mein erster Besuch dort war, war es wieder einfach unglaublich toll! Ich habe auch neue Bereiche erkundet und war zum Beispiel beim Kreuz an der Spitze des Hügels, sowie im Park Mont-Royal. Und ich habe es einfach genossen, im Schnee unterwegs zu sein. Es war wirklich sehr kalt, aber da habe ich zum Glück schon ein paar Erfahrungen zu gesammelt, sodass ich gut ausgestattet war und einen heißen Tee dabei. Außerdem habe ich gelernt, dass es auch bei -15°C durchaus möglich ist, so sehr zu schwitzen, dass man sich seiner Handschuhe für eine Weile entledigen muss – zumindest wenn es einen steilen Hang hinauf geht.

Ich konnte auch schon mit anderen Menschen gemeinsam Zeit verbringen, und so auch gleich meine Französischkenntnisse auf den Prüfstand stellen. Was soll ich sagen? Ja, manchmal ist es nicht ganz einfach, den Québec-Akzent zu verstehen, aber ich komme dann am Ende doch zurecht und kann mich auch selber ganz gut verständigen. Mein Französisch ist also noch nicht komplett eingerostet, juhu! Aber was ich in Gesellschaft in Montréal unternommen habe, ist ebenfalls eine Geschichte für ein anderes Mal – denn jetzt muss ich erst mal los für einen weiteren Abend mit Kolleg*innen, und Poutine! Was genau das ist, warum es toll ist, und wie mein erster kanadischer Restaurantbesuch so war gibt es hier dann demnächst zu lesen.

Walk in parc
View on MontRoyal
Neighborhood
Croix MontRoyal
Parc MontRoyal

23.-25. Januar 2022

Draußen-Zeit bei bis zu -19°C

Selbstverständlich habe ich mein erstes Wochenende hier, sowie die darauffolgenden Tage genutzt, um Montréal ein bisschen mehr kennenzulernen – obwohl man nicht sagen kann, dass ich wärmsten vom Wetter hier empfangen wurde. Im Gegenteil, besonders am Samstag war es extrem kalt, mit Temperaturen von um die -19°C, und das tagsüber. Aber es war auch wunderschön sonnig, und der strahlendblaue Himmel und natürlich meine Neugier haben mich dann dennoch nach draußen getragen.

Als erstes habe ich mir am Samstag ein Ticket für Bus und Metro besorgt. Es gibt hier eine Karte, die ich mehrfach nutzen und mit Ticket meiner Wahl aufladen kann – Einzeltickets, zehn Tickets zur beliebigen Nutzung, oder auch Monatskarten. Ich habe dann mal mit einem Zehnerticket gestartet, um dann in den nächsten Tagen rauszufinden, ob sich vielleicht auch eine Monatskarte für mich lohnt.
Da ich aufgrund der Temperaturen jetzt nicht zwingend scharf darauf war, weite Strecken zu laufen, habe ich mein Ticket dann auch direkt genutzt, um mit der Metro in Richtung Innenstadt zu fahren. Ich hatte kein direktes Ziel und habe mich einfach etwas treiben lassen. So kam ich an der Basilique de Notre-Dame de Montréal vorbei (bin aber zumindest dieses Mal nicht reingegangen, aber darauf komme ich vielleicht später noch zurück) und dann zum alten Hafen von Montréal.
Ich muss sagen, ein bisschen seltsam ist es schon für mich, in einem Hafen zu stehen und kaum Wasser zu sehen. Klar, wirklich überraschend ist es nicht, dass der St. Lorenz Strom derzeit zugefroren ist, aber ich bin an die hiesigen Temperaturen und deren Folgen eben einfach nicht so gewöhnt. Ich bin dann eine Weile am Hafen entlang spaziert, und kam dabei am Science Center von Montréal (ein Besuch hier könnte sich auch lohnen, sobald es wieder offen ist) und dem Riesenrad von Montréal (auch das wegen der geltenden Corona-Regeln derzeit nicht in Betrieb) vorbei.
Ich bin aber im Endeffekt einfach nur eine Weile am Hafen entlangspaziert und habe auch sonst die ersten Eindrücke der Stadt auf mich wirken lassen, bevor ich dann wieder in die Metro gestiegen bin. Allzulange ließ es sich dann doch nicht draußen aufhalten und es wurde Zeit, zu Hause erst einmal wieder etwas aufzutauen. Aber auch wenn ich jetzt keine besonders aufregenden Dinge gemacht habe, habe ich es schon sehr genossen, einfach ein bisschen von der Stadt zu sehen.

In Sachen Wetter war der nächste Tag dann zum Glück auch deutlich angenehmer, zumindest, was die Temperaturen anging, denn diese waren um etwa 8°C angestiegen. Von meinem Fenster aus sah es draußen leider eher wolkig aus, aber ich dachte, zumindest eine kleine Runde in Richtung Mont-Royal könnte ich ja drehen. Nun ja, was soll ich sagen? Ich war überrascht, wie viel der Temperaturanstieg ausmachte, und wie mild sich -11°C anfühlen können! Und nicht nur das, auch die Sonne kam dann doch immer mehr raus und was wurde wieder richtig schön. Also wurde aus meinem kleinen Spaziergang am Ende doch fast schon eine richtige Wanderung dem Mont-Royal hinauf, bis zu einer tollen Aussichtsplattform.
Der Weg dorthin hat sich mehr als gelohnt, die Aussicht über die Stadt von dort ist einfach der Wahnsinn! Man sieht die Skyline der Stadt, den Fluss, einige Berge in weiter Ferne… einfach nur toll. Aber nicht nur für die Aussicht hat es sich gelohnt, auch der Weg an sich war einfach toll. Ich liebe es, durch den Schnee zu stapfen, und wenn dann auch noch die Sonne schient… hach, sagte ich, dass es einfach toll ist?
Ich bin bei meinem ausgedehnten Spaziergang nicht nur auf viele andere Menschen zu Fuß getroffen, sondern es waren auch einige auf Skiern unterwegs. Das ist etwas, was ich definitiv auch noch mal ausprobieren möchte. Und auch so gibt es hier sicherlich noch mehr zu entdecken, zum Beispiel das Kreuz vom Mont-Royal, ein riesiges Stahlkreuz auf dem nordöstlichen Gipfel. Ich werde hier in den nächsten Wochen also sicherlich auf jeden Fall noch das ein oder andere Mal herkommen!

Da ich es generell sehr genieße, einfach mal eine Weile, und wenn auch nur für eine halbe Stunde oder so, draußen zu sein, bin ich in den letzten Tagen in meiner Mittagspause und nach Feierabend regelmäßig in den Jeanne-Mance Park und zum Mont-Royal gekommen. Das Ergebnis waren nicht nur einige weitere schöne Spaziergänge, sondern auch die erste Bekanntschaft mit den sehr niedlichen und durchaus neugierigen Eichhörnchen im Park. An einem Tag hatte sie wohl gerade jemand mit Nüssen versorgt (trotz der Schilder im Park, dass dies strengstens untersagt sei). Die Tierchen sind definitiv nicht so scheu wie ich es von den Eichhörnchen in Deutschland kenne. Aber nicht nur das unterscheidet sie: Es ist auch eine andere Art; die Eichhörnchen hier sind grau, und – tut mir leid liebe Eichhörnchen, aber ich muss es ehrlicherweise sagen – auch definitiv deutlich dicker als unsere heimischen Arten in Deutschland!

Insgesamt bin ich einfach nur sehr, sehr glücklich, hier zu sein und über die vielen kleineren und größeren Erlebnisse, die ich innerhalb von etwas mehr als einer Woche jetzt schon hatte. Trotz der Corona-Einschränkungen, die vieles gerade verbieten, genieße ich meine Zeit einfach schon sehr.
Noch dazu habe ich gerade die Nachricht erhalten, dass ich jetzt auch an die Universität kommen darf – das heißt, ich kann jetzt auch mit dem Starten, was mich überhaupt hierhergebracht hat. Und darüber freue ich mich auch schon sehr, und ich werde ganz bestimmt ganz bald davon berichten!

Basilique Notre-Dame
CityCenter
Harbour
ForestMontRoyal
CityView
Squirrel

20.-21. Januar 2022

Wenn ganz einfache Dinge plötzlich besonders sind

Während meiner Mittagspause am Donnerstag habe ich endlich zum ersten Mal meine Wohnung verlassen. Das heißt, ich war zum ersten Mal in Montréal unterwegs, seitdem ich am vorherigen Sonntag hier angekommen war. Und ich hatte wirklich Glück, denn es war erneut ein wunderschön sonniger (wenn auch gleichzeitig sehr kalter) Tag.

Die erste Runde draußen habe ich einfach genutzt, um die direkte Umgebung meiner Wohnung ein bisschen kennenzulernen. Und schnell wurde mir klar, dass ich nicht nur mit der Wohnung selber großes Glück habe, die wirklich toll ist, sondern auch mit dem Teil der Stadt, in dem ich gelandet bin. Nur wenige Minuten zu Fuß von meiner Wohnung entfernt ist ein Park (der Parc Jeanne-Mance), in dem man wirklich toll im Schnee (und wenn es gut läuft in der Sonne) spazieren gehen kann. Für mich neu und aufregend ist, dass der Park auch für Langlaufski genutzt wird, und es ein Eishockeyfeld gibt. Skifahren kenne ich aus der Heimat ja nur von seltenen Urlaubsmomenten in den Bergen, und ich glaube, Eishockey habe ich außerhalb vom Fernseher noch nie gesehen. Und hier machen die Leute das einfach so in einem kleinen Park direkt in der Stadt. Das ist so toll!
Genau so toll ist es übrigens, durch den Schnee zu laufen, das knarzen der Schneeflocken unter den Füßen, und die strahlende Sonne im Gesicht – und eine Nase, die langsam anfängt einzufrieren… Zum Glück gehört ja zu den Dingen, die wir inzwischen immer in unserer Tasche haben, eine Gesichtsmaske. Ich habe schnell gelernt, dass die nicht nur vor Viren schützen kann, sondern auch die Nase schön warmhalten kann, wenn die Außentemperaturen bei -20°C liegen!

Mal abgesehen von dem kleinen Spaziergang während der Mittagspause musste ich jetzt auch unbedingt was einkaufen. Also bin ich nach der Arbeit als erstes zum nächstgelegenen Geldautomaten gestiefelt (wie praktisch, dass das Internet einem einfach sagen kann, wo man hinmuss, wenn man in einer fremden Stadt unterwegs ist!), um Bargeld zu holen – denn direkt mit der Kreditkarte zu bezahlen würde mich jedes Mal 1% des Umsatzes zusätzlich kosten, und das würde ich schon gerne vermeiden, wann immer möglich. Das Geldholen war aber auch schon sehr aufregend, oder besser gesagt das Geld an sich. Ich muss schon sagen, die kanadischen Dollarscheine sind schon wirklich hübsch! Sie haben so transparente Bereiche, und hübsche Bilder. Zwei Tage später hatte ich dann auch die ersten Münzen in meiner Hand, und auch die gefallen mir wirklich gut. Zu Hause haben wir irgendwelche langweiligen Gebäude und solche Dinge auf der Münze – hier habe ich eine 2$-Münze mit einem Bären als Motiv. Das ist doch wohl sehr viel cooler, oder nicht.

Mit den entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet bin ich dann zum Supermarkt gegangen – wobei ich nicht nur eine Einkaufsliste dabeihatte, sondern auch ein paar Fragen im Kopf. Ich gehöre zu den sehr organisierten Menschen, die sich immer eine genaue Einkaufsliste machen, auf der alles an Essen draufsteht, was ich für eine Woche benötige. Das einzige, was auf der Liste nicht genau definiert ist, ist Gemüse und Obst. Hier steht dann einfach nur „Gemüse“ dort und ich entscheide spontan beim Einkauf, was ich mitnehme – und zwar abhängig davon, was sie gerade an regionalen Sorten im Angebot haben. Ich habe mich nicht wirklich vorher damit beschäftigt, aber hatte auch keine wirkliche Idee, ob und wenn ja was es wohl an regionalen Produkten in Kanada geben könnte. Aber mit dem Blick auf den vielen Schnee und die kalten Temperaturen draußen, war ich mir auch nicht so sicher, ob ich da überhaupt groß etwas erwarten konnte…
Diese Sorge war, wie ich dann feststellte, nicht wirklich begründet. Natürlich gab es ein großes Angebot an frischem Obst und Gemüse. Klar, vieles davon waren auch keine regionalen Produkte. Mir wurde auch schnell klar, dass Auszeichnungen wie „aus den USA“ oder „aus Kanada“ mir nicht so richtig weiterhelfen um etwas in meinem Sinne Regionales zu kaufen. Aber es gab durchaus auch Produkte aus der Provinz Québec. Unter anderem habe ich am Ende frischen Grünkohl gekauft. Den mag ich nicht nur gerne, sondern er gibt mir auch ein gewisses Heimatgefühl, wo er doch im Winter in Bremen ein so wichtiger Bestandteil ist.
Es war aber nicht nur das Gemüse, das für mich interessant war – auch im restlichen Supermarkt gab es natürlich spannende Produkte zu entdecken, die ich nicht kannte oder ganz anders waren, als ich es gewohnt bin. Was mir wohl als Erstes aufgefallen ist (auch wenn ich es auch schon mal gehört hatte) war die Tatsache, dass viele Produkte hier in deutlich größerer Abpackung verkauft werden. In Deutschland würde man wohl niemals Milchpackungen, die mehr als einen Liter, oder Getränke, die mehr als 1,5 oder maximal zwei Liter fassen, finden. Das ist hier völlig normal, dass es auch größere Packungen gibt. Was mich besonders glücklich gemacht hat, war ein Glas mit Trockenhefe zu finden, und Mehlpackungen mit 2,5 kg und mehr Inhalt. Danach habe ich zu Hause schon lange (ohne Erfolg) gesucht, weil ich Brot immer selber backe – und es einfach nur nervt, wenn man dann ständig neue Packungen kaufen muss, und jede Packung Hefe noch mal einzeln verpackt ist. Das ist hier definitiv deutlich besser! Sicher haben die großen Verpackungen teilweise auch ihren Nachteil, weil sie zum Beispiel dafür sorgen, dass die Leute mehr konsumieren als sie eigentlich bräuchten, oder am Ende die Hälfte wegschmeißen. Aber bei Produkten, die man viel benötigt, oder wenn man einfach eine größere Gruppe oder Familie versorgen will, ist das einfach total praktisch und minimiert sicherlich auch den (Plastik)Müll.

Ich habe im Endeffekt dann alles bekommen, was ich brauchte, und bin sehr zufrieden zurück nach Hause gegangen. Während ich das Gekaufte ausgepackt habe, wurde mir klar, wie schön es ist, wenn man sich so sehr über solche Kleinigkeiten freuen kann. Ich denke, ein Grund dafür, dass ich so glücklich war, war alleine die Tatsache, dass ich die Wohnung verlassen habe. Mehrere Tage alleine in Quarantäne in einer Wohnung zu hocken wirkt sich definitiv nicht gerade positiv auf die Stimmung aus. Im Gegensatz dazu tut es der Stimmung verdammt gut, wenn man sich draußen bewegen und dabei die Sonne genießen kann – ganz besonders, wenn man so eine schöne Landschaft und Schnee überall um sich herum hat.
Und dann hat mir der Einkauf einfach klar gemacht, dass ich wirklich hier bin. Ich bin in Kanada, in Montréal. Darauf habe ich schon so lange gewartet. Seit ich meine Stelle als Doktorandin im Oktober 2019 angefangen habe, weiß ich, dass ich diese Chance erhalten würde. Ich war so aufgeregt, dass ich hier herkommen würde – und jetzt bin ich wirklich hier!

Ich hoffe sehr, dass ich mir diese Begeisterung für die (neuen) Dinge hier erhalten kann, auch für die kleinen Dinge. Und vielleicht werde ich ja, wenn ich in Bremen zurück bin, auch über Dinge stolpern, die ich, ohne es zu merken, vermisst habe? Das wäre toll.

Mein Fazit von diesen kleinen Erlebnissen? Wir brauchen nicht immer große, besondere Ereignisse, um wirklich glücklich zu werden. Es gibt viele kleine Dinge da draußen in der Welt, die uns zum Lächeln bringen können und unsere kleine Welt ein wenig heller und bunter machen können.

Parc1
OutsideWithMask
Money
SkiingInParc
ParcSun

17.-20. Januar 2022

Neues Land, gleicher Modus: Home Office

Die nächsten Tage nach meiner Ankunft in Montréal waren definitiv deutlich weniger aufregend als die Reise selbst. Wie ich bereits erzählt habe, musste ich erst einmal in Quarantäne bleiben, bis ich das Ergebnis vom PCR Test, der am Flughafen gemacht wurde, bekomme. Das, was ich also am einfachsten schon machen konnte war etwas, was ich dank Corona schon von zu Hause kannte: mein Home Office aufbauen und mit Arbeiten anfangen.

Dabei habe ich ganz schnell gemerkt, wie viel Glück ich wirklich mit der Wohnung habe. Sie ist wirklich gut ausgestattet – inklusive eines höhenverstellbaren Schreibtisches und einem Monitor. Und das bedeutet, dass ich hier nicht nur genauso gut arbeiten kann wie zu Hause, sondern sogar besser, weil ich zwischendurch auch einfach mal stehen kann. Ich muss sagen, das ist wirklich angenehm, zum Beispiel in so müden Phasen zwischendurch. Ich bin ziemlich erstaunt, wie angenehm ich das im Stehen arbeiten finde, sogar zum schrieben von längeren Texten wie diesem hier.

Die Arbeit, die ich momentan im Home Office mache, ist nicht gerad außerordentlich aufregend. Im Prinzip ist es Vorbereitungsarbeit für meine Laborarbeit, die (hoffentlich) bald beginnt: Es gibt bereits einige Datensätze zu Sedimentkernen aus dem Arktischen und Subarktischen Ozean. Ich habe auch schon eine Liste von Daten, die zu meinem Projekt passen – alle Datensätze, die Informationen über die Mikroorganismen, mit denen ich arbeite, planktische Foraminiferen, der letzte 4000 Jahre enthalten. All diese Datensätze sortiere ich jetzt, um zu sehen, welche wirklich für mich zu gebrauchen sind und um einen Überblick darüber zu gewinnen, was es schon gibt und was noch fehlt, was ich also durch meine Laborarbeit ergänzen kann.

Meinen ersten Tag in Montréal habe ich aber nicht nur mit Arbeit verbracht, sondern auch damit, an etwas zu Essen zu kommen. Was, wie ich feststellen musste, nicht so einfach war wie ursprünglich gedacht. Eigentlich war mein Plan gewesen, dass ich mich direkt am Sonntagabend kurz mit eine*r Kolleg*in an der Bushaltestelle treffe, um etwas zu essen entgegenzunehmen. Aber leider waren beide Kontakte selber gerade in Quarantäne, wegen Erkrankung beziehungsweise eigener Rückkehr mit dem Flugzeug in Canada nur wenige Tage vor mir. Das wusste ich auch schon, bevor ich ankam, und hatte mir gedacht, dann kann ich mir ja einfach von einem der Supermärkte was liefern lassen für ein paar Tage. Tja, ich hatte die Rechnung aber wohl mal wieder nicht mit Corona gemacht: Keiner der Supermärkte konnte eine Lieferung vor Freitag anbieten – und bis dahin wäre ich vermutlich schon verhungert…!
Am Ende habe ich mich dann einfach bei meiner Chefin hier an der Uni gemeldet, die, wie ich dann erfuhr, zum Glück sogar relativ dicht an mir dran wohnt. So konnte sie am Montagabend mit Essen bei mir vorbei kommen, was ich dankbar entgegennahm, nachdem ich mich mit den Notfall-Kräckern und Schokolade durch den Tag geschleppt hatte. Und ich war sehr froh, zu wissen, dass ich hier nicht alleine gelassen werde, sondern Hilfe bekomme!

Obwohl meine ersten Tage hier im Quarantäne- und Home-Office-Modus begannen, merkte ich doch schnell, dass ich nicht zu Hause bin. Normalerweise starte ich meinen Tag damit, erst mal alle Fenster aufzureißen und frische Luft durch die Wohnung wehen zu lassen. Nun ja, mit Temperaturen von -15°C und weniger wurde mir schnell klar, dass ich das lieber lassen sollte. Ab und zu mache ich doch mal ein Fenster auf, aber wirklich nur ein bisschen und auch nicht länger als ein bis zwei Minuten.

Was ich auch von zu Hause gewohnt bin: mindestens einmal am Tag spazieren gehen – was natürlich nicht geht, wenn man gerade in Quarantäne ist. Aber erneut kann ich sehr dankbar über die gefundene Wohnung sein, denn sie hat eine Dachterrasse. Am Montag hatten wir hier ordentlich Schnee – um die 30 cm Neuschnee, grob geschätzt. Es war ziemlich grau und ungemütlich, darum bin ich lieber drinnen geblieben. Aber am Dienstag kam dann die Sonne raus, also bin ich mal nach oben gestiefelt – und war absolut beeindruckt! Ich habe einen direkten Blick auf den Mont Royal, dem Berg, der vielleicht der Namensgeber der Stadt ist. Auch kann ich ein wenig über die Stadt blicken – und Schnee sehen, viel Schnee, überall. Weil es so kalt war und der Bewegungsradius doch sehr eingeschränkt ist, blieb ich nie lange oben, aber ein bisschen frische Luft schnuppern und Sonnenstrahlen tanken tat definitiv gut!

Der viele Neuschnee hat mir übrigens auch noch eine aufregende Abendbeschäftigung beschert: Beobachten, wie die Straßen geräumt werden, um trotz der Schneemassen die Befahrbarkeit sicherzustellen. Mittwochabend wurde es draußen plötzlich sehr laut. Die Urheber des Lärms: Verschiedene Räumfahrzeuge in unterschiedlicher Form und Größe. Große Fahrzeuge, die den Schnee vor sich herschieben und solche, die ihn seitlich auftürmen, kleinere, die auf den Fußwegen fahren und diese räumen können. Und dann kamen die Fahrzeuge, die den ganzen Schnee aufsaugen und in große LKWs pusten, die den Schnee dann aus dem Stadtzentrum heraustransportieren. Ich habe gelesen, dass der Schnee dann irgendwo zu riesigen Bergen aufgetürmt wird, die dann erst relativ spät im Frühling oder Sommer wieder schmelzen.
Bevor die ganzen großen Fahrzeuge kamen, gab es übrigens auch schon Lärm: Sirenenähnliche Laute von großen Pick-Ups, die darüber informieren, dass die Straßen jetzt für die Schneeräumung freigemacht werden müssen. Schon vorher wurden Parkverbotsschilder aufgehängt. Wer sein parkendes Auto bis dato noch nicht weggefahren hatte, bekam jetzt durch das Signal eine letzte Chance, dies zu tun, bevor es abgeschleppt wird.
So saß ich am Mittwochabend einige Zeit an meinem Fenster und habe das Spektakel beobachtet, und war dabei nicht wenig beeindruckt, wie schnell so viel Schnee von den Straßen verschwunden war. Wenn ich daran denke, wie überfordert die Räumdienste in Deutschland manchmal sind, wenn vielleicht mal 5-10 cm Neuschnee fallen…

Am Morgen des 20. Januars kam dann endlich die erlösende Nachricht mit dem negativen Testergebnis vom PCR-Test, was es mir erlaubte, die Wohnung zu verlassen. Perfektes Timing, denn die Sonne war wieder rausgekommen und es sah wirklich toll aus. Aber über meine ersten Erlebnisse in Montréal außerhalb der Wohnung berichte ich dann ein anderes Mal.

Snowday
MontRoyal
MontRoyalFranzi
ViewMontreal
SnowCleaning1
SnowShift
SnowCleaning2

14.-16. Januar 2022

Auslandsaufenthalt während einer Pandemie

Ins Ausland zu gehen ist immer aufregend – besonders dann, wenn du nicht nur für einen Urlaub deine Heimat verlässt, sondern für einen längeren Zeitraum. Noch aufregender ist es, wenn du nicht nur in ein Land reist, was du noch nie zuvor besucht hast, sondern sogar einen Kontinent aufsuchst, auf dem du noch nie warst. Aber am alleraufregendsten wird es dann, wenn die Welt auch noch in einer Pandemie steckt, wie es derzeit aufgrund von Covid-19 der Fall ist.

Zusätzlich zu all diesen allgemeinen Aspekten, die die Planung einer Reise schon sehr aufregend und kompliziert machen, zählen natürlich auch noch die persönlichen Erfahrungen. Für mich gilt in diesem Fall: Ich habe Europa noch nie verlassen. Auch bin ich bisher nur dreimal in meinem Leben mit einem Flugzeug gereist. Diese drei Flüge waren verhältnismäßig kurz, und ich bin in guter Gesellschaft gereist. Jetzt also für fast 8 Stunden und ganz alleine fliegen zu müssen, um dann in einer völlig neuen, unbekannten Umgebung anzukommen, war schon während der Planung der Reise extrem aufregend und ein wenig beängstigend für mich.

Trotzdem war ich aber auch sehr aufgeregt, nach Kanada reisen zu dürfen. Ich konnte bereits erfahren, wie wertvoll es sein kann, einige Zeit im Ausland zu forschen, und natürlich wollte ich es mir nicht entgehen lassen, Kanada kennenzulernen. Also wurden Flugtickets gebucht und viele Informationen und Regelungen gelesen, was ich beachten muss, um in Kanada einreisen zu dürfen, ganz besonders auch in Bezug auf Covid-19.

Am 14. Januar wurde es dann langsam ernst: Morgens ging es erst einmal zum PCR Test, ohne den ich das Flugzeug nicht betreten dürfte, und Nachmittags dann mit dem Zug los in Richtung Amsterdam, in Begleitung meines Partners. Wie bereits erwähnt bin ich in Sachen fliegen wirklich unerfahren, und war wirklich nicht scharf darauf, auch noch an einem Flughafen umsteigen zu müssen. Und da es natürlich keine Direktflüge von Bremen nach Montréal gibt, entschied ich mich dafür, mit Zug nach Amsterdam zu reisen (das spart immerhin auch ein wenig CO2 Emissionen ein…). Unsere Idee war es, noch ein schönes Wochenende gemeinsam in Amsterdam zu verbringen, bevor wir uns dann zweieinhalb Monate lang nicht sehen. Tja, was soll ich sagen? Als wir uns das im Herbst 2021 überlegt haben, haben wir nicht mit der Omicron-Variante und der deutlichen Verschlechterung der Coronalage gerechnet. So waren leider zum Beispiel alle Restaurants in Amsterdam geschlossen und es war gar nicht so einfach, es sich schön zu machen. Aber zum Glück kann man ja auch einfach viel spazieren gehen und sich die Gegend angucken – was, zugegebenermaßen mit einem 8-Stunden-Flug vor Augen gar nicht mal die schlechteste Idee ist.

Und dann war es endlich soweit: Der 16. Januar, der Tag der Abreise. Wir waren viel zu früh am Flughafen, der Check-In ging schnell und problemlos, und uns blieb noch ein bisschen gemeinsame Wartezeit, bis ich dann zum Gate gehen konnte. Neben den bekannten Kontrollen von Handgepäck und natürlich mir selbst, gab es auch eine Dokumentenkontrolle, allen voran vom Impfnachweis und dem negativen PCR Test.
Nachdem ich dann noch einige Zeit weiter warten musste – immerhin schon mit Blick auf das Flugzeug, das mich über den Atlantik tragen sollte, war es dann endlich soweit und ich konnte das Flugzeug betreten. Leider hatte ich keinen Fensterplatz, sondern saß mitten im Gang. Aber immerhin haben alle Leute um mich herum ihre Maske ordnungsgemäß über Mund und Nase getragen und ich fühlte mich einigermaßen sicher. Nachdem es dann noch einen Moment dauerte – „Das Flugzeug wird noch aufgetankt!“ – ging es dann endlich los!

Ich hatte das Gefühl, die einzige Person zu sein, die wegen dem Flug und dem, was vor uns lag, aufgeregt zu sein. Die Leute um mich herum fingen an Filme zu schauen, zu lesen, zu schlafen… aber nach einiger Zeit, in der ich einfach nur dasaß und aus dem einen Fenster zu meiner Seite was noch nicht verschlossen wurde, fing ich auch an, mich etwas zu entspannen. Die nächsten 7 Stunden und fünf Minuten – schon beim Start kündigte der Pilot an, dass wir heute relativ schnell sein würden – füllte ich mit Lesen, Musik hören, einem Film und ein bisschen was zum Essen zwischendurch.

Einige Stunden später kamen dann die ersten Landmassen in Sicht, inklusive Schnee. Da war es also, Kanada! Und einige Minuten nach 17 Uhr berührte das Flugzeug dann auch wider den Boden. Ich war ganz froh, dass meine Aufregung jetzt zurückkehrte, denn sonst wäre ich vielleicht einfach eingeschlafen. Die Uhr zeigte 17 Uhr an, aber meine innere Uhr war noch auf die europäische Zeitzone eingestellt, auf der es inzwischen 23 Uhr war…
Mit Vorfreude darauf, meine Wohnung bald zu sehen (und endlich ins Bett zu fallen…!) verließ ich also das Flugzeug. Aber ich wurde schnell von einer Schlange aufgehalten, die in Richtung der Schilder zur Passkontrolle deutete. Es war wirklich voll, überall waren Menschen, alle warteten. Mir wurde klar, dass ich mich wohl noch ein paar weitere Stunden würde gedulden müssen, bis ich endlich mein Bett erreichen würde. Immerhin konnte ich die Wartezeit nutzen, um ein paar Nachrichten in die Heimat zu schicken, dass ich sicher gelandet war.

Etwa 1,5 Stunden später wurde mein Pass dann kontrolliert, ich erklärte, warum ich nach Kanada kam und konnte meinen Koffer abholen. Aber da wir ja nun in einer Pandemie stecken, hieß das nicht, dass ich jetzt gehen durfte. Vorher musste ich mich erneut anstellen, um einen weiteren PCR Test durchführen zu lassen. Mir wurde gesagt, dass ich wohl 5-6 Tage auf das Ergebnis würde warten müssen, und mich bis dahin in Quarantäne in meine Wohnung begeben müsse.

Als der Test dann endlich durchgeführt war, konnte ich den Flughafen endlich verlassen. Noch schnell ein Busticket kaufen und ab in den Bus in Richtung Innenstadt! Zum Glück hatte man mir vorher schon gesagt, dass die Bushaltestellen nicht immer angesagt werden, darum bat ich den Fahrer, mir entsprechend bescheid zu geben. Nicht nur er war dabei sehr nett zu mir, nach wenigen Minuten Busfahrt machte ich eine weitere angenehme Erfahrung. Der Herr neben mir fragte mich, ob ich das erste Mal in Montréal sei. Offensichtlich konnte ich nicht verbergen, wie aufgeregt ich war. Ich bejahte also und in einem kurzen Gespräch erklärte er mir, wie lange die Fahrt bis zu der Haltestelle, zu der ich wollte, dauern würde. Es tat gut zu merken, dass ich mit meiner Angst nicht ganz alleine gelassen wurde!

Nachdem ich an der Bushaltestelle ankam, musste ich noch einmal umsteigen, ein paar weitere Minuten mit dem Bus fahren und schließlich noch ein paar Minuten durch die kalte Abendluft laufen, bevor ich schließlich an meiner Wohnung war. Aber hier klappte zum Glück alles wunderbar: Die Tür lies sich wie geplant öffnen, ich betrat eine schöne Wohnung, das WLAN funktionierte und ich war einfach froh, angekommen zu sein.

Gegen 20:30 Uhr Ortszeit – also 02:30 Uhr in Bremen – fiel ich dann endlich ins Bett, konnte ein wenig runterkommen und irgendwann endlich einschlafen…

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