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Auszeichnung für Forschung zur tiefen Biosphäre

31.05.2024
Im Scheinwerferlicht des US-amerikanischen Tiefseetauchboots ALVIN ist ein kleines rotbraunes Massiv am Boden des Guaymas-Beckens zu erkennen. Diese Formation ist umgeben von reichlich hydrothermalen Sedimenten, die von weißen und orangen Bakterien-Matten bedeckt sind. Durch das Team des bemannten Tiefseetauchboots wurde hier der Kern genommen, aus denen die Archaeen Candidatus Alkanophaga letztlich stammen. Foto: Woods Hole Oceanographic Institution
Im Scheinwerferlicht des US-amerikanischen Tiefseetauchboots ALVIN ist ein kleines rotbraunes Massiv am Boden des Guaymas-Beckens zu erkennen. Diese Formation ist umgeben von reichlich hydrothermalen Sedimenten, die von weißen und orangen Bakterien-Matten bedeckt sind. Durch das Team des bemannten Tiefseetauchboots wurde hier der Kern genommen, aus denen die Archaeen Candidatus Alkanophaga letztlich stammen. Foto: Woods Hole Oceanographic Institution

Wie und wovon leben Mikroorganismen in den Böden der Tiefsee? Wie funktionieren Stoffwechselkreisläufe, und wie interagieren die einzelnen Mitglieder dieser verborgenen Gemeinschaften? Mit diesen Fragen hat sich ein Team von Forschenden am MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie Bremen beschäftigt. Sie konnten erstmals in Laborkulturen nachweisen, wie Erdölbestandteile durch Archaeen – eine Gruppe von Mikroorganismen – abgebaut werden. Die Veröffentlichung im Fachjournal Nature Microbiology wurde jetzt vom International Center for Deep Life Investigation als eine der fünf besten Studien 2023 zur Erforschung der tiefen Biosphäre ausgewählt.

 

Die Studie identifiziere eine neue Gruppe von Organismen, die für den Ölabbau in den oft heißen Ölreservoirs verantwortlich sein könnten, heißt es in der Begründung. Erstmals hatte das Autor:innenteam anaerobe Archaeen angereichert, die Erdöl-Alkanketten von 5-14 Kohlenstoffen oxidieren. Die Archaeen verwenden dafür ein neu entdecktes Enzym, die Alkyl-CoM-Reduktase (Acr).

Erstautorin Hannah Zehnle und ihre Ko-Autor:innen vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, dem MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften sowie dem Fachbereich Geowissenschaften der Universität Bremen haben dafür Sediment aus dem 2.000 Meter tiefen Guaymas-Becken im Golf von Kalifornien genutzt. Hier finden sich aufgrund von geologischen Besonderheiten hohe Temperaturen, flüssige Erdölbestandteile und anaerobe Bedingungen in geringeren Sedimenttiefen, wie sie sonst nur in tiefliegenden Ölreservoirs zu finden und somit für Forschende deutlich schwieriger erreichbar wären.

Im Bremer Labor haben die Forschenden Kulturen mit flüssigen Alkanen angesetzt und ohne Sauerstoff, also anaerob, bei hohen Temperaturen (70 Grad Celsius) wachsen lassen. Die Studie zeigt, dass die beteiligten Enzyme auch in ganz anderen Stoffwechselwegen und auf flüssige und damit toxische Kohlenwasserstoffe wirken können.

Weiter waren Kolleg:innen der Abteilung für Systembiologie, Nationales Zentrum für Biotechnologie-CSIC Madrid (Spanien), vom Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften Göttingen sowie dem Fachbereich für Erd-, Meeres- und Umweltwissenschaften, University of North Carolina (USA), beteiligt.

Aus vorgeschlagenen Top-Publikationen des Jahres 2023 hat ein Komitee fünf Artikel ausgewählt, die die bemerkenswertesten Beiträge zur Erforschung der tiefen Biosphäre leisten. Das International Center for Deep Life Investigation (IC-DLI) kürt jedes Jahr wissenschaftliche Veröffentlichungen, die wegweisend für Forschung an und in der Tiefen Biosphäre sind. Mit den Preisen sollen bedeutende wissenschaftliche Beiträge und herausragende Nachwuchswissenschaftler gewürdigt werden, heißt es seitens der IC-DLI. Ziel sei es, Beiträge zur Deep-Life-Forschung zu fördern und die nächste Generation von Forschern in diesem Bereich zu unterstützen.